27.06.2022 08:48
Morbus Crohn: Erschöpfte Zellen bieten Ansatz für neue Diagnostik
Heftige Bauchkrämpfe, Durchfall und Erbrechen – oft über Wochen: Das sind typische Beschwerden der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn. Die Zahl der Betroffenen steigt seit Jahren deutlich an. Forscher*innen gehen davon aus, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, an der sogenannte T-Zellen einen wichtigen Anteil haben.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Nun konnten Ärzt*innen und Wissenschaftler*innen des Universitätsklinikums Freiburg bei Patient*innen einen Typ von Killer-T-Zellen finden, der in der akuten Entzündung einen Erschöpfungszustand annehmen kann und mit einer weniger aggressiven Erkrankung verbunden ist. Eine mangelnde Erschöpfung war mit einem schwereren Verlauf verbunden.
Ihre Erkenntnisse veröffentlichten die Forscher*innen am 20. Juni 2022 im Fachmagazin Gastroenterology.
„Morbus Crohn verläuft oft schubweise. Verlauf und Therapie sind je nach Patient*in sehr unterschiedlich. Unser Ansatz liefert einen wichtigen Schritt hin zu einer personalisierten Therapie von Morbus Crohn. Auf unseren Erkenntnissen aufbauend könnten Diagnoseverfahren entwickelt werden, die frühzeitig auf einen schweren Verlauf hindeuten. Möglicherweise eignen sich diese Zellen auch für einen therapeutischen Ansatz“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Dr. Bertram Bengsch, Forschungsgruppenleiter an der Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums Freiburg und Mitglied im Sonderforschungsbereich 1160 IMPATH der Universität Freiburg.
Die Freiburger Forscher*innen untersuchten das Gewebe von 58 Patient*innen mittels Einzel-Zell-Analyse. „Weil es nur sehr wenige Zellen dieses Typs im Blut gibt, war die Erschöpfung dieser Zellen bislang nicht entdeckt worden. Indem wir die Zellen jetzt charakterisiert haben, können wir künftig deutlich einfacher nach ihnen suchen – in einer Blutprobe. Das dürfte die Diagnostik deutlich erleichtern“, so Bengsch weiter.
„Diese Erkenntnisse werden zeitnah auch für die individuelle Abschätzung der Krankheitsprognose von Patient*innen mit M. Crohn Eingang in eine individualisierte molekulare Diagnostik finden, die im Rahmen der Zentren für Personalisierte Medizin (ZPM) derzeit an den Universitätskliniken in Baden-Württemberg etabliert wird“ ergänzt Prof. Dr. Peter Hasselblatt, Leitender Oberarzt der Klinik für Innere Medizin II und Leiter der Crohn- und Colitisambulanz am Universitätsklinikum Freiburg.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Dr. Bertram Bengsch
Klinik für Innere Medizin II (Schwerpunkte: Gastroenterologie, Hepatologie, Endokrinologie und Infektiologie)
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-32870
bertram.bengsch@uniklinik-freiburg.de
Originalpublikation:
Original-Titel der Studie: Exhaustion of CD39-expressing CD8+ T cells in Crohn’s disease is linked to clinical outcome
DOI: 10.1053/j.gastro.2022.06.045
Link zur Studie: https://doi.org/10.1053/j.gastro.2022.06.045
Weitere Informationen:
https://www.uniklinik-freiburg.de/medizin2/forschung/experimentelle-forschung/ag… Forschungsgruppe Prof. Bengsch
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch