Schlafentzug beeinflusst kognitive Leistung



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06.02.2023 17:11

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Schlafentzug beeinflusst kognitive Leistung

Wer schon mal eine Nacht schlecht oder gar nicht geschlafen hat, weiß, wie sehr sich der Schlafmangel auf die Konzentration am nächsten Tag auswirken kann. Forschende am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung an der TU Dortmund haben untersucht, wie genau sich dieser Schlafentzug auf die Leistung des Gehirns auswirkt. Die Ergebnisse zeigen, dass sich nicht nur die Aktivität des Gehirns verändert, sondern auch die Verbindungsstärken zwischen den Nervenzellen beeinflusst werden. Beides wirkt sich maßgeblich auf die Gedächtnisleistung und das Arbeitsgedächtnis aus.

Ausreichend Schlaf ist essenziell für eine optimale Leistung am Tag. Der Schlafmangel beeinträchtigt nicht nur die Aufmerksamkeit, sondern auch die Gedächtnisleistung und Lernprozesse. Um neue Gedächtnisinhalte zu speichern, werden im Gehirn Verbindungen zwischen Nervenzellen verstärkt oder abgeschwächt. Diese Verbindung wird auch als Neuroplastizität bezeichnet. Während des Nachtschlafs werden wichtige Verbindungen verstärkt und unwichtige wieder abgeschwächt.

Bei einem Schlafmangel fällt diese Abschwächung aus. Die kortikale Erregbarkeit ist dauerhaft erhöht, was zu einer Beeinträchtigung der Signalübertragung führt. Neue, äußere Reize und Informationen können daher nur schlecht oder gar nicht verarbeitet werden und das Lernen fällt schwerer. Durch die erhöhte, kortikale Erregbarkeit wird die Neuroplastizität gestört. Das bedeutet, dass die Überaktivierung des Gehirns eine Neuvernetzung der Synapsen erschwert.

Optimale Erregbarkeit des Gehirns könnte Erkrankungen vorbeugen

Dabei gibt es jedoch einen Unterschied zwischen kompletten Schlafentzug und dem Arbeiten gegen die persönlich bevorzugten Schlaf- und Wachphasen (Chronotyp). Bei letzterem sind die Aktivität des Gehirns und die Neuroplastizität verringert. Beim Schlafentzug ist die Hirnaktivität aber erhöht. Insbesondere bei anspruchsvollen Tätigkeiten kann das Arbeiten im Einklang mit dem eigenen Chronotyp die Arbeitsleistung verbessern.

Da die Dynamik der Plastizität und der Aktivität des Gehirns vom Schlaf abhängig sind, könnte diese eine Rolle bei der Vorbeugung von Erkrankungen mit kognitiven Defiziten spielen. Beispiele für solche Erkrankungen sind Demenzen, bei denen häufig Schlafstörungen vorliegen, und schwere Depressionen. Bei Depressionen besteht eine verminderte Hirnaktivierung und Neuroplastizität, die durch einen therapeutischen Schlafentzug, der eine etablierte antidepressive Maßnahme ist, kompensiert werden könnten.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Ali Salehinejad
Wissenschaftlicher Mitarbeiter Psychologie & Neurowissenschaften
Telefon: +49 231 1084-476
E-Mail: salehinejad@ifado.de

Univ.-Prof. Dr. med. Michael Nitsche
Leiter des Forschungsbereichs Psychologie & Neurowissenschaften
Telefon: +49 231 1084-301
E-Mail: nitsche@ifado.de


Originalpublikation:

Salehinejad, M. A., Ghanavati, E., Reinders, J., Hengstler, J. G., Kuo, M.-F., Nitsche, M. A., Sleep-dependent upscaled excitability, saturated neuroplasticity, and modulated cognition in the human brain. Sleep-dependent upscaled excitability, saturated neuroplasticity, and modulated cognition in the human brain eLife 11:e69308 (2022). https://doi.org/10.7554/eLife.69308


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin, Psychologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW