Sollen Säuglings- und Folgenahrung künftig weiterhin auch Arachidonsäure enthalten?



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04.11.2019 12:39

Sollen Säuglings- und Folgenahrung künftig weiterhin auch Arachidonsäure enthalten?

Europäische Akademie für Pädiatrie und Stiftung Kindergesundheit veröffentlichen ein neues Positionspapier

Ab Februar 2020 gelten für alle in der Europäischen Union neue Standards für Säuglings- und Folgenahrungen (VO2016/127) [1]. Der Zusatz der omega-3 Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) ist dann in 2-3fach höherer Konzentration als bisher üblich obligatorisch. Hingegen besteht keine Verpflichtung, die Fettsäure Arachidonsäure zuzusetzen.

Dies ist eine ganz neuartige Zusammensetzung von Säuglingsnahrungen, deren Eignung und Sicherheit bisher nicht in klinischen Studien belegt wurde. Deshalb hielt die gemeinnützige Stiftung Kindergesundheit (www.kindergesundheit.de) in Zusammenarbeit mit der Europäischen Akademie für Kinderheilkunde (www.eapaediatrics.eu) einen Workshop mit meinungsbildenden internationalen Wissenschaftlern auf diesem Gebiet und Vertretern von Elternorganisationen außerhalb von München ab, um die hier bestehenden Fragen eingehend zu diskutieren. Die Ergebnisse und die daraus abgeleiteten Empfehlungen wurden jetzt in einer hochangesehenen internationalen Fachzeitschrift veröffentlicht (s. unten).

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Die Experten betonen, dass Muttermilch die erste Wahl in der Ernährung am Lebensanfang ist und auch als Goldstandard für die Wahl der Inhaltsstoffe von Flaschennahrung gilt. Muttermilch liefert immer sowohl DHA als auch Arachidonsäure. Weltweit sind in der Muttermilch die Arachidonsäure-konzentrationen meist deutlich höher als die von DHA. Studien haben Säuglingsnahrungen mit verschiedenen Gehalten verglichen. Sie zeigen bei hoher DHA-Konzentration aber niedrigem Arachidonsäure-Gehalt Nachteile der kindlichen Entwicklung bis zum Alter von 9 Jahren und bei Tieren auch eine Verminderung des normalen Arachidonsäuregehaltes im Gehirngewebe.

Die neuen Empfehlungen raten dringend dazu, für nicht oder nicht vollgestillte Säuglinge nur solche Säuglingsnahrungen zu verwenden, die neben DHA auch mindestens die gleiche Menge Arachidonsäure enthalten.

[1] European-Commission. Commission Delegated Regulation (EU) 2016/127 of 25 September 439 2015 supplementing Regulation (EU) No 609/2013 of the European Parliament and of the Council as regards the specific compositional and information requirements for infant formula and follow-on formula and as regards requirements on information relating to infant and young child feeding. Official Journal of the European Union 2016:L 25/1.

Zur Stiftung Kindergesundheit:
Die Stiftung Kindergesundheit informiert seit 1996 die Öffentlichkeit über gesicherte Kenntnisse und Empfehlungen bei wichtigen Gesundheitsfragen, und sie erarbeitet in Kooperation mit kompetenten Partnern und anerkannten Spezialisten Präventionsmaßnahmen auf der Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse, so z.B. für Kindertagesstätten, Kindergärten und Schulen.

Kontakt:
Dr. Karin Bergmann, Stiftung Kindergesundheit, Bergmann@kindergesundheit.de


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Berthold Koletzko, Karin Bergmann, J. Thomas Brenna, Philip C. Calder, Cristina Campoy, M. Tom Clandinin, John Colombo, Mandy Daly, Tamás Descsi, Hans Demmelmair, Magnus Domellöf, Nataša Fidler Mis, Ines Gonzalez-Casanova, Johannes B van Goudoever, Adamos Hadjipanayis, Olle Hernell, Alexandre Lapillonne, Silke Mader, Camilia R. Martin, Valerie Matthäus, Usha Ramakrishan, Cornelius M. Smuts, Sean JJ Strain, Conny Tanjung, Patrick Tounian, Susan E. Carlson, on behalf of the European Academy of Pediatrics and the Child Health Foundation.


Originalpublikation:

Should formula for infants provide arachidonic acid along with docosahexaenoic acid? A position paper of the European Academy of Pediatrics and the Child Health Foundation. American Journal of Clinical Nutrition 2019, doi.org/10.1093/ajcn/nqz252; published 26 October 2019.


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW