Studie belegt Vorteile von Midazolam nach Herzstillstand



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24.04.2024 11:00

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Studie belegt Vorteile von Midazolam nach Herzstillstand

Wenn nach einem Herzstillstand die Wiederbelebung erfolgreich war und der Kreislauf wieder einsetzt, ist die Patientin oder der Patient noch nicht über den Berg. In der anschließenden Phase können verschiedene Faktoren Einfluss darauf nehmen, ob und wie er oder sie den Notfall überlebt. Günstig wirkt die Gabe des Narkosemittels Midazolam, wie eine multizentrische Studie der Forschungsgemeinschaft Notfallmedizin Ostwestfalen-Lippe unter Federführung der Universitätsklinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin im Johannes Wesling Klinikum Minden, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum, am Lehrstuhl für Notfallmedizin von Prof. Dr. Jochen Hinkelbein mit 571 Patienten zeigt.

Bei Notwendigkeit einer Narkose nach erfolgreicher Wiederbelebung verbesserte Midazolam die Chancen für eine optimale Sauerstoffsättigung und einen optimalen CO2-Gehalt im Blut. Das Risiko eines erneuten Blutdruckabfalls oder für einen erneuten Kreislaufstillstand erhöhte sich nicht. „Dieses spezielle Kollektiv der Patientinnen und Patienten mit erfolgreicher Wiederbelebung sollte in die Leitlinien zur präklinischen Narkose unbedingt aufgenommen werden. Hier zeigt sich Midazolam als besonders günstig“, schließt Privatdozent Dr. Gerrit Jansen, Erstautor der Arbeit, die am 8. April 2024 im Deutschen Ärzteblatt International erschienen ist.
Sorge vor erhöhtem Risiko erwies sich als unbegründet

Bei einem Herzstillstand kommt es auf schnelle Hilfe an: Führen Ersthelfende rechtzeitig Wiederbelebungsmaßnahmen durch, kann der Kreislauf der Patientin oder des Patienten im günstigen Fall wieder in Gang kommen. „Oft ist es dann aber so, dass die Betroffenen noch nicht wieder bei Bewusstsein sind“, erklärt Gerrit Jansen. In dieser Phase gibt es verschiedene Faktoren, die auf die Wahrscheinlichkeit des Überlebens und späterer bleibender Einschränkungen durch den Kreislaufstillstand einen Einfluss nehmen können.

„Manche Patientinnen und Patienten zeigen nach einer Wiederbelebung Schutzreflexe wie Husten oder Abwehrbewegungen, die dem Notfallteam die Arbeit erschweren. Oftmals muss ein erweitertes Atemwegsmanagement zum Beispiel durch eine Intubation wie bei einer Operation durchgeführt werden. Hierfür ist häufig eine Sedierung oder Narkose notwendig“, erläutert Jansen. Damit verbunden war bislang die Sorge davor, dass Narkosemedikamente den gerade erst wieder erlangten Kreislauf möglicherweise negativ beeinflussen könnten. Der Studie zufolge ist das aber nicht der Fall.
Pionierarbeit geleistet

Von den 571 in die Studie eingeschlossenen Personen, die einen Herzstillstand überlebten und ins Krankenhaus eingeliefert wurden, wurden 395 sediert, 249 von ihnen mit Midazolam. Die Chance, dass sich die Sauerstoffsättigung des Bluts danach im optimalen Bereich befand, verdoppelte sich durch die Gabe von Midazolam. Die Chance, dass Kohlenstoffdioxid gut abgeatmet wurde, stieg durch das Medikament um den Faktor 1,6. „Durch unsere statistischen Methoden konnten wir einen Zusammenhang dieser Ergebnisse mit der Gabe von Midazolam belegen, ohne einen Hinweis auf negative Kreislaufeffekte“, sagt Gerrit Jansen.

„Zu den möglichen Narkosemedikamenten gibt es in den europäischen Leitlinien des European Resuscitation Council bisher keine konkreten Empfehlungen“, erklärt Jansen. „Die deutsche Leitlinie für präklinische Narkose für Patienten mit Herzkreislaufrisiko erwähnt Patientinnen und Patienten mit Herzstillstand nicht. Wir haben also hier Pionierarbeit geleistet, deren Ergebnisse zum Wohle der Betroffenen in die Empfehlungen eingehen sollten.“


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Privatdozent Dr. Gerrit Jansen
Universitätsklinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Notfallmedizin
Johannes Wesling Klinikum Minden
Klinikum der Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 571 7 90 5 4404
E-Mail: gerrit.jansen@muehlenkreiskliniken.de


Originalpublikation:

Gerrit Jansen et al.: Midazolam for Post-Arrest Sedation in Pre-Hospital Emergency Care – A Multicenter Propensity Score Analysis, in: Deutsches Ärzteblatt International, 2024, DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0277


Bilder

Gerrit Jansen und Jochen Hinkelbein (rechts) leisteten mit der Studie Pionierarbeit.

Gerrit Jansen und Jochen Hinkelbein (rechts) leisteten mit der Studie Pionierarbeit.

© Sven Olaf Stange/Mühlenkreiskliniken


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW