01.07.2022 13:20
Studien zu Essstörungen: Gen beeinflusst Gewicht und Magersucht
Neben Umweltfaktoren beeinflussen auch die Gene die Wahrscheinlichkeit, an einer Essstörung zu erkranken. Wissenschaftler:innen der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) haben nun jeweils fast 200 Proband:innen untersucht, die entweder von einer Magersucht (Anorexia nervosa) oder extremem Übergewicht betroffen waren. Beim Vergleich genetischer Marker fiel vor allem ein Gen auf, von dem gleich 25 Varianten identifiziert werden konnten: das Gen für PTBP2. Dieses Gen könnte vor allem bei Männern einen ausgeprägten Einfluss auf die Regulierung des Körpergewichts haben. Die Forscher:innen haben ihre Erkenntnisse kürzlich in Translational Psychiatry veröffentlicht.*
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
„PTBP2 scheint das Körpergewicht und die Magersucht gleichermaßen zu beeinflussen“, erklärt Prof. Dr. Anke Hinney, Leiterin der Forschungsabteilung Molekulargenetik an der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des LVR-Klinikums Essen. „Eine frühere Studie hat gezeigt, dass die Expression von PTBP2 bei Patient:innen mit Adipositas höher ist als bei normalgewichtigen Kontrollpersonen.
Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass PTBP2 mit vielen weiteren Genen in Wechselwirkung steht, die entscheidend für die Regulierung des Körpergewichts sind. Bei Männern dürfte PTBP2 zudem eine größere Rolle spielen, vermuten die Autor:innen, weil bei ihnen eine größere Zahl an Varianten für die Gewichtsregulation relevant ist als bei Frauen.
Yiran Zheng, Doktorandin in der Molekulargenetik, betont, dass es keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den beschriebenen genetischen Veränderungen und der Entwicklung einer Essstörung gibt: „Darüber entscheidet nicht nur ein einziges Gen. Aber wir wissen, dass sowohl Anorexia nervosa, also Magersucht, als auch ein hoher BMI in hohem Maße vererbbar sind. Deshalb ist PTBP2 für uns ein weiterer Ansatzpunkt, um die genetischen Faktoren genauer zu betrachten.“
Redaktion: Dr. Milena Hänisch, Medizinische Fakultät, Tel. 0201/723-1615, milena.haenisch@uk-essen.de
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Anke Hinney, Leiterin der Forschungsabteilung Molekulargenetik, Klinik f. Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters/LVR-Klinikum Essen, Tel. 0201/7227-342, anke.hinney@uni-due.de
Originalpublikation:
PTBP2 – a gene with relevance for both Anorexia nervosa and body weight regulation
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35680849/
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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