Was ist ERN RARE-LIVER und wie kann es Menschen mit Seltenen Lebererkrankungen helfen?



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20.02.2023 15:51

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Was ist ERN RARE-LIVER und wie kann es Menschen mit Seltenen Lebererkrankungen helfen?

Am 28. Februar 2023 ist es soweit: Der RARE DISEASE DAY soll auf der ganzen Welt so viel Aufmerksamkeit wie möglich erregen und auf die 300 Millionen Menschen lenken, die weltweit mit einer seltenen Erkrankung leben.

Doch was viele Betroffene nicht wissen: Es gibt hochspezialisierte Exzellenzzentren, wie das Europäische Referenznetzwerk für Seltene Lebererkrankungen (ERN RARE-LIVER) – ein 2017 von der Europäischen Kommission initiierter Verbund von medizinischen Exzellenzzentren zur Diagnostik und Therapie von Betroffenen, sowohl Kindern als auch Erwachsenen, das in Hamburg angesiedelt ist.

Doch was genau ist das ERN RARE-LIVER und wie kann es seinen Patienten helfen?

Das Europäische Referenznetzwerk für Seltene Lebererkrankungen (ERN RARE-LIVER) ist ein 2017 von der Europäischen Kommission initiierter Verbund von medizinischen Exzellenzzentren zur Diagnostik und Therapie von Betroffenen, sowohl Kindern als auch Erwachsenen.

Ziel ist es, das Wissen und die Erfahrung ausgewiesener Experten europaweit zu bündeln und allen Patienten und ihren behandelnden Ärzten zur Verfügung zu stellen. Inzwischen gehören 53 Universitätskliniken aus 15 EU-Ländern dem Netzwerk als Vollmitglieder an, zusätzliche 27 Zentren aus 13 weiteren Ländern sind dem Netzwerk durch Partnerschaften verbunden und arbeiten eng zusammen.

Neben der fachlichen Expertise zeichnet sich das ERN auch durch die besondere Berücksichtigung der Patienteninteressen aus. 39 unterschiedliche Patientenorganisationen sind dem Netzwerk angeschlossen und entsenden Vertreter in das Leitungsgremium (Management Board) und alle weiteren Gremien des Netzwerkes.

Für Menschen mit Seltenen Erkrankungen ist es oft sehr schwierig, rechtzeitig die richtige Diagnose und die für sie notwendigen, häufig sehr individuellen Behandlungsmöglichkeiten zu bekommen.

In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Das entspricht einer Erkrankungshäufigkeit unter 0,05 Prozent, so dass selbst der durchschnittliche Facharzt das entsprechende Krankheitsbild noch nie oder höchstens einmal gesehen hat. Für seltene Erkrankungen kann das Fachwissen deswegen nur an wenigen Spezialzentren vorhanden sein.

Ziel des RARE-LIVER Netzwerkes ist es, jedem betroffenen Patienten Zugang zu diesem Spezialwissen zu ermöglichen und gemeinsam Diagnostik und Therapie dieser seltenen Erkrankungen zu verbessern. Hierzu bietet das Netzwerk umfangreiches Informationsmaterial, veranstaltet Seminare, Workshops und Webinare zur Fort- und Weiterbildung und ist in Zusammenarbeit mit den europäischen Fachgesellschaften auf den internationalen Kongressen vertreten. Spezielle Arbeitsgruppen widmen sich den verschiedenen Krankheitsbildern sowie übergeordneten Themen wie der Lebensqualität betroffener Patienten oder den Versorgungsstrukturen.

Als einen ganz besonderen Service bietet das Netzwerk über ein Daten-gesichertes online Tool auch gezielte Beratung für einzelne Fälle. Hierfür kann sich jeder Arzt an eines der Mitgliedszentren wenden, und von dort aus kann die Konsultation der besten Spezialisten für die jeweilige Fragestellung leicht und zügig in die Wege geleitet werden. Auf diesem Wege konnte bereits mehr als 400 Patienten mit besonders komplexen Problemen bei seltenen Lebererkrankungen geholfen werden.

Auf diese Weise erreicht das RARE-LIVER Netzwerk schrittweise das übergeordnete Ziel, dass jedem europäischen Patienten – unabhängig von seinem Wohnort – das beste Wissen über Lebererkrankungen zugänglich gemacht werden kann.

Zwei konkrete Beispiele:

Die autoimmune Hepatitis (AIH) ist eine seltene entzündliche Erkrankung der Leber, bei der das eigene Immunsystem die Leber angreift und schädigt, deshalb könnte AIH auch als „Rheuma“ der Leber bezeichnet werden. Unbehandelt schreitet die Erkrankung voran, bis die Leber so stark geschädigt ist, dass sie ihre Funktion nicht mehr erfüllen kann und die Patienten versterben, es sein denn eine Lebertransplantation ist noch möglich. Durch eine antientzündliche Therapie kann dieser Prozess aufgehalten werden, die Lebensqualität verbessert sich und die Patienten erreichen meist wieder eine normale Lebenserwartung. Eine Lebertransplantation ist damit nicht mehr notwendig.

Einen gänzlich anderen Hintergrund hat die sehr seltene Lebererkrankung Morbus Wilson, die Kupferspeicherkrankheit. Hierbei wird durch einen genetischen (also ererbten) Fehler der Stoffwechsel von Kupfer, auf das der Körper in geringen Mengen angewiesen ist, gestört: Es wird weiterhin Kupfer in den Körper aufgenommen, aber kein Kupfer mehr ausgeschieden. Somit reichert sich Kupfer in verschiedenen Organen wie der Leber, aber auch dem Nervensystem, an und schädigt diese. Durch moderne medikamentöse Therapien, die Kupfer binden und die Kupferausscheidung fördern, können Organschäden effektiv verhindert werden. So effektiv die Therapie sein kann, so sehr erfordert sie bei beiden Erkrankungen eine individualisierte Abstimmung auf den jeweiligen Patienten und deshalb Erfahrung und Spezialwissen.

Wie findet der Patient den richtigen Arzt?

In der Regel gehen Patienten zu ihrem Hausarzt, der mit den Symptomen und dem Krankheitsbild im Fall von seltenen Lebererkrankungen häufig nichts anfangen kann, daher überweist er den Patienten an das nächste Universitätsklinikum. Dort finden weitere Untersuchungen statt. Doch auch in den meisten Krankenhäusern reicht das Fachwissen oft nicht aus, um herauszufinden, welches die richtige Behandlung wäre. In diesem Fall wenden sich Ärzte an das Europäische Referenznetzwerk (ERN) RARE-LIVER.
Mit der Zustimmung des Patienten gibt das Krankenhaus die Akte in das hochgesicherte ERN-eigene Online-System ein. Spezialisten aus ganz Europa analysieren den Fall und erörtern die möglichen Optionen. Auf der Grundlage von ähnlichen Fällen rät das Gremium zu einer, auf diesen individuellen Fall maßgeschneiderten, Behandlung, die in den meisten Fällen dann im Heimatland des Patienten durchgeführt werden kann. Das System kann aber auch dazu dienen, Expertenmeinungen zur Diagnostik einzuholen, also bei unklaren Fällen Experten zu befragen, was sie glauben, welche Erkrankung vorliegt und welche weiteren Untersuchungen notwendig sind, um die Erkrankung zu beweisen.

„Das heißt, der Patient muss dem Fachwissen nicht mit einem hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand hinterher reisen, sondern unser Netzwerk bringt das Wissen direkt zum Patienten“, erklärt Leberspezialist und Netzwerkkoordinator Professor Ansgar W. Lohse.

Hintergrundinformation:

In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Doch von diesen Erkrankungen gibt es viele.

Seltene Krankheiten haben häufig eine genetische Komponente als Ursache. Sie verlaufen oft chronisch und senken häufig die Lebenserwartung des Patienten. Dabei werden angeborene Krankheiten von Erkrankungen unterschieden, die infektiöse oder toxische Ursachen haben.

Es gibt verschiedene seltene Erkrankungen mit genetischer Ursache, die zu einer Leberschädigung führen können. Hierzu gehören zum Beispiel der Morbus Wilson, die Porphyrie, oder der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel, die durch Defekte von Enzymen verursacht werden, die für den Abbau von Stoffwechselprodukten notwendig sind.

„Bei Lebererkrankungen ist die Früherkennung besonders wichtig. Die Erkrankung und ihre Folgen können umso besser behandelt und gegebenenfalls sogar geheilt werden, je früher sie erkannt wurden“, erklärt Professor Ansgar W. Lohse.

Funktionen der Leber

Die Leber übernimmt zahlreiche Funktionen. Sie spielt eine wichtige Rolle im Energiestoffwechsel und produziert zudem viele wesentliche Enzyme, um diesen zu regulieren. Zu ihren Aufgaben gehört auch die Entgiftung des Körpers, die Speicherung von Energiereserven und Vitaminen sowie die Produktion von Bluteiweißen, Gallenflüssigkeit, Abwehrstoffen und Ausgangsprodukten für die Hormonproduktion. Auch wichtige Bestandteile des Immunsystems sind in der Leber lokalisiert. Dies sind vorrangig Abwehrzellen, die der Infektabwehr dienen, aber auch für das Gleichgewicht des Immunsystems im ganzen Körper wichtig sind. Eine funktionsfähige Leber ist essentiell für die Gesundheit jedes Menschen.


Weitere Informationen:

https://rare-liver.eu/
https://rare-liver.eu/patients/understand-your-diagnosis
https://rare-liver.eu/patients/cross-border-healthcare


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW