Wie Hsp90-Inhibitoren die Tumorausbreitung hemmen



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06.09.2023 11:23

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Wie Hsp90-Inhibitoren die Tumorausbreitung hemmen

Die Wirkstoffklasse der Hsp90-Inhibitoren hemmt das Wachstum von Bauchspeicheldrüsenkrebs und die Bildung von Metastasen – wenn auch vorerst nur in Laborexperimenten. Das berichtet eine Marburger Forschungsgruppe um den Krebsforscher Professor Dr. Thorsten Stiewe im Fachblatt „Journal of Experimental and Clinical Cancer Research“. Das Team der Philipps-Universität Marburg klärte den molekularen Mechanismus auf, durch den das Gen p53 das Einwandern von Tumorzellen in benachbartes Gewebe fördern kann, statt die Ausbreitung zu verhindern.

Das Gen p53 wirkt in gesunden Körperzellen als Tumorsuppressor, verhindert also Krebs. In Tumorzellen ist p53 meist mutiert, so dass es unwirksam ist. „Mutationen im p53-Gen sind die häufigsten Genmutationen in Krebszellen“, erklärt Thorsten Stiewe, der die Forschungsarbeit leitete.

Mitunter kehrt sich die Aktivität von p53 durch eine Mutation sogar um: Dann hemmt das Genprodukt nicht die Bildung von Krebs, sondern es fördert Tumore sogar. Insbesondere erhöht es deren Fähigkeit, Metastasen zu bilden. „In einer früheren Studie haben wir bereits gezeigt, über welche nachgeschalteten Moleküle mutiertes p53 wirkt, wenn es die Ausbreitung des Tumors vorantreibt“, berichtet Stiewe.

An diese Ergebnisse knüpfte das Team nun an und klärte den zugrunde-liegenden Mechanismus weiter auf. Die Forschungsgruppe interessierte sich besonders für Integrinproteine. „Integrine sind entscheidend dafür, dass Tumorzellen in umliegendes Gewebe einwandern, wobei sie sich an Fasern entlanghangeln“, erläutert Stiewes Mitarbeiter Dr. Evangelos Pa-vlakis, einer der Leitautoren des Fachaufsatzes.

Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Institu-ten für molekulare Onkologie und für Tumorimmunologie der Philipps-Universität analysierten Krebszellen mit p53-Mutationen, um herauszu-finden, wie sie die Proteine Integrin-a5 und Integrin-b1 beeinflussen. Das mutierte p53-Gen bewirkt demnach über mehrere Zwischenschritte, dass sich die Tumorzellen an Fasern anheften, was die Beweglichkeit der Tumorzellen steigert. Im Tierversuch an Mäusen zeigt die For-schungsgruppe, dass sich durch den beschriebenen Prozess vermehrt Metastasen in der Leber bilden.

„Besonders aufschlussreich ist der Befund, dass sich die Überlebens-chance bei Bauchspiecheldrüsenkrebs verschlechtert, wenn bei den Pa-tientinnen und Patienten Integrine in großen Mengen vorliegen“, hebt Stiewe hervor.

Das Team untersuchte auch die Möglichkeit, den beschriebenen Mechanismus zu blockieren. „In Zellkultur bewirken verschiedene Maßnahmen, dass Krebszellen weniger Metastasen bilden“, sagt der Krebsforscher. Greift man die p53-Mutanten und deren Bindungspartner mittels spezieller Wirkstoffe wie Ganetespib und anderer Hsp90-Inhibitoren an, so sinkt die Beweglichkeit der betroffenen Krebszellen.

„Hsp90-Inhibitoren wurden auch im Tiermodell getestet“, erzählt Stiewe; „sie hemmen sowohl das Wachstum von Bauchspeicheldrüsenkrebs als auch dessen Metastasenbildung.“ Ob sich daraus tatsächlich ein therapeutischer Nutzen ziehen lässt, müsse aber erst noch in weiteren Studien untersucht werden.

Professor Dr. Thorsten Stiewe lehrt molekulare Onkologie an der Phi-lipps-Universität. Die Deutsche Krebshilfe, die Deutsche Forschungsge-meinschaft, das Deutsche Zentrum für Lungenforschung, die Deutsche Jose Carreras Leukämie-Stiftung, das Hessische Wissenschaftsministe-rium, das Bundesforschungsministerium sowie die Von Behring-Röntgen-Stiftung unterstützten die zugrunde liegende wissenschaftliche Arbeit finanziell.

Originalpublikation: Evangelos Pavlakis & al.: „Mutant p53-ENTPD5 control of the calnexin/calreticulin cycle: a druggable target for inhibiting integrin-α5-driven metastasis“, Journal of Experimental and Clinical Cancer Research 2023, DOI: https://doi.org/10.1186/s13046-023-02785-z

Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Professor Dr. Thorsten Stiewe,
Institut für molekulare Onkologie
Tel.: 06421 28-66280
E-Mail: thorsten.stiewe@uni-marburg.de


Bilder

Liegt in einer Tumorzelle mutiertes p53 vor, so reichert sich das Protein ENTPD5 (grün gefärbt) in Membranen (rot) innerhalb der Zelle an. Zusammen wirken sie so auf Integrine ein, dass sich die Beweglichkeit der Tumorzelle erhöht.

Liegt in einer Tumorzelle mutiertes p53 vor, so reichert sich das Protein ENTPD5 (grün gefärbt) in M
Foto: Michael Wanzel
Das Bild darf nur für die Berichterstattung über die zugehörige wissenschaftliche Veröffentlichung verwendet werden.


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW