Baumartige Spülmittelmoleküle für Membranproteine



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29.01.2020 11:12

Baumartige Spülmittelmoleküle für Membranproteine

Wissenschaftler der Freien Universität Berlin und der Universität Oxford entwickeln neue Technik zur Analyse von Membranproteinen / Veröffentlichung in Zeitschrift Nature Communications

Forscherinnen und Forscher der Freien Universität Berlin haben in Kooperation mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Oxford eine Methode entwickelt, die es ermöglicht, Proteine besonders schonend aus Membranen herauszulösen. Das deutsch-britische Team um die Chemiker Prof. Dr. Kevin Pagel und Prof. Dr. Rainer Haag vom Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität und Professor Dame Carol Robinson und Dr. Leonhard Urner von der Universität Oxford fand auf diese Weise ein Verfahren, mit dem Proteine besser untersucht werden können. Die Ergebnisse wurden in der renommierten Zeitschrift Nature Communications veröffentlicht. Die Erforschung von Membranproteinen ist von besonderer Bedeutung, da etwa die Hälfte aller Medikamente an sie bindet. Bisher wurden die empfindlichen Proteine jedoch häufig beim Herauslösen zerstört. Der an der Freien Universität verfolgte Ansatz trägt nach Einschätzung von Prof. Dr. Kevin Pagel und Prof. Dr. Rainer Haag dazu bei, neue Medikamente zu entwickeln und deren Wirkung besser zu verstehen.

Proteine sind lebenswichtige molekulare Maschinen. Mehr als ein Drittel ist an Membranen gebunden und reguliert dort wichtige biologische Funktionen. Viele unserer zurzeit genutzten Medikamente wirken, in dem sie im Körper an Membranproteine andocken. „Für die Medizinforschung ist eine genaue Analyse daher besonders wichtig“, betont Kevin Pagel. Bisher habe sich diese jedoch problematisch gestaltet, da die Proteine beim Herauslösen aus der Membran oft beschädigt worden seien.

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In der nun veröffentlichten Studie wurde erstmals eine größere Anzahl baumartiger Spülmittelmoleküle systematisch untersucht. „Wir haben dabei Verbindungen gefunden, mit denen nicht nur die Proteine die Messprozedur überstehen, sondern auch deren natürlichen Bindungspartner. Damit konnten wir erstmals die mit Abstand interessanteste Klasse von Membranproteinen genauer untersuchen, sogenannte G-Protein gekoppelte Rezeptoren“, erklärt Rainer Haag. Mit der von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern entwickelten Technik soll es in Zukunft möglich sein, pharmakologisch interessante Membranproteine sehr viel effizienter und kostengünstiger zu untersuchen und auf diese Weise neue Wirkstoffe zu entwickeln.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Kevin Pagel und Prof. Dr. Rainer Haag, Institut für Chemie und Biochemie, Fachbereich Biologie, Chemie, Pharmazie der Freien Universität Berlin, E-Mail: kevin.pagel@fu-berlin.de und haag@chemie.fu-berlin.de


Originalpublikation:

Urner, L. H.; Liko, I.; Yen, H.-Y.; Hoi, K.; Bolla, J. R., Gault, J.; Almeida, F. G.; Schweder, M.-P.; Shutin, D.; Ehrmann, S.; Haag, R.; Robinson, C. V.; Pagel, K.; Modular detergents tailor the purification and structural analysis of membrane proteins including G-protein coupled receptors, Nat. Commun. 2020, doi: 10.1038/s41467-020-14424-8.


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW