Das Fortschreiten von der Parkinson Erkrankung verlangsamen – mit Virtual-Reality-Ergometertraining



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14.11.2019 16:00

Das Fortschreiten von der Parkinson Erkrankung verlangsamen – mit Virtual-Reality-Ergometertraining

Steife Muskeln, Muskelzittern, gebeugter Gang: Parkinson-Patienten zeigen häufig auffällige Bewegungsstörungen, die sich meist einschränkend auf die Mobilität auswirken. Heute weiß man, dass sich Bewegungsübungen positiv auf diese Parkinson-Symptome auswirken. Eine aktuelle Studie zeigt: Regelmäßiges aerobes Training, das auf dem Ergometer zu Hause mit digitaler Unterstützung und spielerischen Elementen (Virtual-Reality-Anwendungen) praktiziert wird, kann die Verschlechterung motorischer Defizite bei Patienten mit Parkinson Erkrankung im Frühstadium deutlich verlangsamen [1].

Die Parkinson-Erkrankung ist auf dem Vormarsch: Bis zu 400.000 Patienten in Deutschland leiden unter dieser schweren Krankheit. Schon heute gilt die Parkinson-Erkrankung als zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung [2]. Deren steigende Prävalenz, auch in Deutschland, werten Experten als alarmierende Entwicklung. Lag die weltweite Krankheitslast 1990 noch bei 2,5 Millionen, ist die Anzahl der Parkinson-Patienten heute auf mehr als das Doppelte angewachsen (6,1 Millionen im Jahr 2016). Neben dem demographischen Wandel und der Alterung der Gesellschaft werden auch andere Ursachen für diesen starken Anstieg vermutet, wie etwa immunologische, metabolische oder umweltbedingte Faktoren [2].

„Derzeit gibt es keine Heilung bei der Parkinson-Erkrankung. Die Symptome lassen sich aber gut behandeln. Unser Behandlungsziel ist daher, die Selbstständigkeit und die Lebensqualität der Betroffenen so lange wie möglich zu erhalten“, sagt Prof. Dr. Günter Höglinger, erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen (DPG). „Neben der medikamentösen Therapie ist Bewegung eine wichtige Maßnahme, um die Mobilität von Parkinson-Patienten möglichst lange zu erhalten. Dies kann mit Hilfe strukturierter Bewegungsprogramme gut gelingen.“

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Wie positiv sich gezielte Trainingsprogramme auf die Parkinson-Krankheit auswirken können, zeigt eine neue Studie aus den Niederlanden, die den Einfluss eines regelmäßigen Ergometertrainings auf die die typischen Parkinson-Symptome, wie eine gestörte Motorik, untersuchte [1]. In die doppelblinde, randomisierte, kontrollierte Single-Center-Bewertung waren 130 Parkinson-Patienten im Alter zwischen 30 und 75 Jahren mit milder Symptomatik eingeschlossen, die eine stabile Antiparkinson-Therapie mit sog. dopaminergen Medikamenten erhielten. Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip (im Verhältnis 1: 1) entweder für ein Ergometertraining (aerobe Interventionsgruppe) oder für Stretching-Übungen (aktive Kontrollgruppe) ausgewählt. Beide Gruppen erhielten ihre Anleitung über eine Motivations-App sowie ein Coaching (ein Hausbesuch und die zusätzliche Fernüberwachung per Telefon). Die Hometrainer der aeroben Übungsgruppe waren darüber hinaus mit einer Virtual-Reality-Software ausgestattet und konnten Real Life Videos abspielen – mit echten Landschaften, Höhen- oder Geschwindigkeitsprofilen – und boten so gamifizierende Elemente. Die Aufgabe war, sich mindestens dreimal pro Woche und in einer vorgegebenen Herzfrequenz auf dem Ergotrainer für 30 – 45 Minuten zu bewegen. Wie die Studienautoren ausführen, ist diese Trainingsart für Parkinson-Patienten gut geeignet und gehe mit einer niedrigen Sturzgefahr einher.

Das wichtigste Ergebnis nach sechsmonatiger Nachbeobachtungszeit: Bei Patienten mit mildem Schweregrad des Morbus Parkinson konnte das intensives Ergometer-Training mit digitaler Unterstützung und spielerischen Elementen die Verschlechterung der Symptome der Nervenerkrankung signifikant aufhalten. Der Anstieg des motorischen Scores („Movement Disorders Society-Unified Parkinson Disease Rating Scale III“, kurz: MDS-UPDRS III) während der sechsmonatigen Trainingsphase betrug in der aeroben Gruppe nur 1,3, aber in der Kontrollgruppe 5,6 (p=0,002). Diese guten Ergebnisse und die anhaltende Therapietreue der Probanden rechtfertigen nach Ansicht der Studienautoren, weitere Studien mit digital-gestützten, gamifizierenden Bewegungsprogrammen aufzulegen – mit größeren Patientenzahlen und längeren Laufzeiten.

„Studien wie diese niederländische Untersuchung sind auch für unseren Behandlungsalltag in Deutschland sehr hilfreich“, betont Prof. Dr. med. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). „Wie es scheint, sorgen die spielerischen Elemente wie das Training mit Real-Life-Videos dafür, dass die Patienten am Ball bleiben und konsequent ihr Wochenpensum absolvieren. Die Ergebnisse sprechen für den Einsatz von High-Tech-Ergometern auch bei uns.“

Literatur
[1] Van der Kolk NM et al. Effectiveness of home-based and remotely supervised aerobic exercise in Parkinson’s disease: a double-blind, randomised controlled trial, Lancet Neurol. 2019 Nov 19; 18: 998–1008, Published Online September 11, 2019, http://dx.doi.org/10.1016/S1474-4422(19)30285-6
[2] GBD 2016 Neurology Collaborators. Global, regional, and national burden of neurological disorders, 1990-2016: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016. Lancet Neurol. 2019 Mar 14

Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
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Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V. (DGN)
sieht sich als neurologische Fachgesellschaft in der gesellschaftlichen Verantwortung, mit ihren über 9900 Mitgliedern die neurologische Krankenversorgung in Deutschland zu sichern. Dafür fördert die DGN Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, Fort- und Weiterbildung in der Neurologie. Sie beteiligt sich an der gesundheitspolitischen Diskussion. Die DGN wurde im Jahr 1907 in Dresden gegründet. Sitz der Geschäftsstelle ist Berlin. www.dgn.org

Präsidentin: Prof. Dr. med. Christine Klein
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Geschäftsstelle: Reinhardtstr. 27 C, 10117 Berlin, Tel.: +49 (0)30 531437930, E-Mail: info@dgn.org

Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e.V.
Die Deutsche Gesellschaft für Parkinson und Bewegungsstörungen e.V. verfolgt als wissenschaftliche Fachgesellschaft das Ziel, die Diagnose, Prävention und Behandlung der Parkinson-Krankheit und anderer Bewegungsstörungen zu verbessern. www.parkinson-gesellschaft.de

1. Vorsitzender: Prof. Dr. Günter Höglinger
2. Vorsitzende: Prof. Dr. Karla Eggert
3. Vorsitzender: Prof. Dr. Alexander Storch
Schriftführer: Prof. Dr. Rüdiger Hilker-Roggendorf, MHBA
Schatzmeister: Prof. Dr. Dirk Woitalla
Geschäftsstelle: Hauptstadtbüro, Reinhardtstr. 27 C, 10117 Berlin, E-Mail: info@parkinson-gesellschaft.de


Originalpublikation:

DOI:https://doi.org/10.1016/S1474-4422(19)30285-6


Weitere Informationen:

http://www.dgn.org


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin, Sportwissenschaft
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW