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23.11.2022 14:25
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Frauen profitieren stärker von Veränderungen des Lebensstils für ihre geistige Fitness
Die Zahl der an Demenz Erkrankten nimmt rasch zu – aktuell sind in Deutschland etwa 1,7 Millionen Menschen betroffen. Expert:innen gehen auf Basis der amtlichen Bevölkerungsstatistiken von einem Anstieg auf über zwei Millionen bis zum Jahr 2030 aus. Bisher wurde jedoch wenig zur Wirksamkeit geschlechtsspezifischer Maßnahmen zur Prävention des kognitiven Abbaus geforscht. Wissenschaftler:innen der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig haben deshalb 34 weltweite Studien unter diesem Aspekt ausgewertet. Das Ergebnis haben sie kürzlich in der Fachzeitschrift „The Journal of Prevention of Alzheimer’s Disease“ veröffentlicht.
Demenzen wie die Alzheimer-Erkrankung sind bisher nicht heilbar. Gut zwei Drittel aller Fälle treten bei Frauen auf, was zum Teil an der höheren Lebenserwartung gegenüber Männern liegt. „Aber es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass Lebensstil-Interventionen im Alter die geistige Leistungsfähigkeit verbessern können“, sagt Studienleiterin Prof. Dr. Steffi G. Riedel-Heller und ergänzt: „Bisher wissen wir allerdings wenig darüber, ob Männer und Frauen im gleichen Maße profitieren“. Unter Lebensstil-Interventionen werden nicht-medikamentöse Veränderungen verstanden, etwa eine Steigerung der körperlichen, geistigen oder sozialen Aktivität oder eine Verbesserung der Ernährung. Eine aktuelle Studie des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Universität Leipzig hat nun die Effektivität derartiger Lebensstil-Interventionen für die geistige Leistungsfähigkeit von älteren Männern und Frauen untersucht.
Insgesamt wurden 34 internationale randomisiert-kontrollierte Studien, die entsprechende Lebensstil-Interventionen bei Personen ab 60 Jahren testeten, systematisch zusammengefasst und bewertet. Anschließend ermittelten die Wissenschaftler:innen die quantitativen Effekte von Lebensstil-Interventionen auf verschiedene kognitive Funktionen. Die Studien wiesen ältere Männer und Frauen jeweils nach dem Zufallsprinzip einer Interventionsgruppe zu, das heißt der Teilnahme an einer Lebensstil-Intervention oder einer Kontrollgruppe, und verglichen die geistige Leistungsfähigkeit beider Gruppen zu Studienende.
Dabei fiel auf, dass Frauen in sämtlichen untersuchten geistigen Funktionen, wie etwa Gedächtnis oder Sprache, stärker profitierten als Männer. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Lebensstil-Interventionen das Potenzial haben, die geistige Leistungsfähigkeit von älteren Personen zu erhalten oder zu verbessern“, erklärt Dr. Andrea Zülke, Wissenschaftlerin am ISAP. Allerdings untersuchen bisherige Studien häufiger Frauen als Männer oder gemischtgeschlechtliche Stichproben, und konzentrieren sich dabei vor allem auf Personen mit intakter geistiger Leistungsfähigkeit. Bislang ist wenig über die Effektivität von Lebensstil-Interventionen bei älteren Personen mit leichten kognitiven Einschränkungen bekannt.
Mehr Studien mit beiden Geschlechtern nötig
Die Geschlechterunterschiede, die in der aktuellen Studie an der Medizinischen Fakultät ermittelt worden sind, könnten auf unterschiedliche Risikoprofile von Männern und Frauen zurückgehen. So sind Männer im Alter körperlich aktiver als Frauen und haben, insbesondere in früheren Alterskohorten, häufig einen höheren Bildungsgrad als Frauen, was einen Schutzfaktor für Demenzen darstellt. „Damit wäre für Frauen, die älter als 60 Jahre sind, mehr Raum für Verbesserung durch eine Veränderung des Lebensstils, was erklären könnte, warum sie stärker profitieren als Männer“, sagt Dr. Zülke.
Bisher existieren mehr Studien mit älteren Frauen als mit Männern und nur wenige größere Forschungsprojekte berichten geschlechterspezifische Ergebnisse. „Wir brauchen mehr umfangreiche Studien, die beide Geschlechter einschließen, um mögliche Unterschiede besser zu verstehen sowie die Bedürfnisse von älteren Männern und Frauen zu berücksichtigen“, betont Prof. Riedel-Heller und fügt hinzu: „Mit AgeWell.de, einer Interventionsstudie mit älteren Hausarztpatientinnen und -patienten, die unser Institut federführend durchgeführt hat, stehen bald weitere Ergebnisse zur Verfügung, die zeigen, was kombinierte Lebensstil-Interventionen gegen kognitiven Abbau bei älteren Männern und Frauen bewirken können. Die Ergebnisse werten wir aktuell aus und stellen sie dann der Öffentlichkeit vor.“
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) finanziell gefördert.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Steffi G. Riedel-Heller, MPH
Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP)
Telefon: +49 341 97 15408
E-Mail: Steffi.Riedel-Heller@medizin.uni-leipzig.de
Dr. rer. nat. Andrea Zülke
Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP)
Telefon: +49 341 97 15483
E-Mail: Andrea.Zuelke@medizin.uni-leipzig.de
Originalpublikation:
Originaltitel in Journal of Prevention of Alzheimer’s Disease: “Gender-Specific Design and Effectiveness of Non-Pharmacological Interventions against Cognitive Decline – Systematic Review and Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials”, verfügbar unter: http://dx.doi.org/10.14283/jpad.2022.80
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Eine aktuelle Studie des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Un …
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Medizin
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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