26.09.2022 09:43
Gendefekte führen zu Zahnschmelzfehlbildungen
Mutationen in einem bestimmten Molekül führen bei Mäusen zu schweren Schäden
in der Struktur und in der mineralischen Zusammensetzung des Zahnschmelzes. Dies zeigen Forschende des UZH-Zentrums für Zahnmedizin in einer Studie, die genetische, molekulare und bildgebende Verfahren kombiniert.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Zahnschmelz ist das härteste organische Gewebe in der Natur und hat eine sehr komplexe Struk-tur aus Mineralien und schmelzspezifischen Proteinen. Diese Proteine werden von Zellen produ-ziert, die ausschliesslich in den Zähnen vorkommen: den Ameloblasten. Doch so robust der Zahnschmelz grundsätzlich ist, er ist auch anfällig für Schäden: Zahnschmelzdefekte gehören zu den am häufigsten auftretenden Zahnproblemen und haben unter anderem schmerzempfindliche Zähne und ein erhöhtes Kariesrisiko zur Folge.
Molekül Adam10 im Fokus
Ein Forscherteam des Zentrums für Zahnmedizin der Universität Zürich hat nun erstmals ein wich-tiges Gen-Netzwerk identifiziert, das für schwere Zahnschmelzdefekte verantwortlich ist. Anhand von verschiedenen genetisch veränderten Mausmodellen analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Auswirkungen des Moleküls Adam10. Adam10 ist eng mit dem Notch-Signalweg verbunden, der die Kommunikation zwischen benachbarten Zellen ermöglicht, für die Embryonalentwicklung unerlässlich ist und auch bei der Entstehung schwerer menschlicher Krankheiten wie Schlaganfall und Krebs eine entscheidende Rolle spielt. Um die Rolle des Adam10/Notch-Signalwegs für die Bildung und Pathologie von Zahnschmelz im Detail zu unter-suchen und die Veränderungen der Zell- und Schmelzstruktur nach einer Genmanipulation zu analysieren, setzten die Forschenden moderne genetische, molekulare und bildgebende Verfah-ren ein.
Defekte in Zahnschmelz-Struktur und mineralischer Zusammensetzung
Auf diese Weise konnten sie zeigen, dass ein enger Zusammenhang zwischen einer fehlerhaften Adam10/Notch-Funktion und Zahnschmelzdefekten besteht. «Mäuse mit einer Adam10-Mutation wiesen Zähne mit schweren Schäden im Zahnschmelz auf», sagt Thimios Mitsiadis, Professor für Orale Biologie am Zentrum für Zahnmedizin und Leiter der Studie. «Die Deletion von Adam10 bringt die Ameloblasten durcheinander, was zu schweren Fehlbildungen sowohl in der Struktur als auch in der mineralischen Zusammensetzung des Zahnschmelzes führt.» Die von Adam10 abhängige Notch-Signalübertragung spielt damit nicht nur bei schweren Krankheitsbildern eine Rolle, sondern auch bei der Organisation und Struktur von sich entwickelnden Geweben wie den Zähnen.
Neue Ansatzpunkte für Prävention und Therapie
Das Verständnis des genetischen Codes, der die Zahnentwicklung steuert, das Wissen um die molekularen Zusammenhänge während der Schmelzbildung und die Auswirkungen von Mutatio-nen, die zu Schmelzfehlfunktionen führen, eröffnen neue Perspektiven für die zahnmedizinische Prävention und Behandlung, ist Mitsiadis überzeugt: «Die Voraussetzungen für die Reparatur und die Neubildung von Zahnschmelz sind zwar äusserst komplex, doch neue genetische und pharmazeutische Instrumente, die auf eine gestörte Zahnschmelzbildung abzielen, könnten die zahnmedizinische Versorgung in Zukunft erheblich verbessern.»
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Thimios Mitsiadis
Institut für Orale Biologie
Universität Zürich
Telefon: +41 44 634 33 90
E-Mail: thimios.mitsiadis@zzm.uzh.ch
Originalpublikation:
Thimios A. Mitsiadis, Lucia Jimenez-Rojo, Anamaria Balic, Silvio Weber, Paul Saftig, Pierfrancesco Pagella. Adam10-dependent Notch signalling establishes dental epithelial cell boundaries required for enamel formation. iScience. 16 September 2022. DOI: https://doi.org/10.1016/j.isci.2022.105154
Weitere Informationen:
https://www.news.uzh.ch/de/articles/media/2022/Zahnschmelz.html
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
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