Hohes Sterberisiko von Pflegeheimbewohnern nach Krankenhaus-Einweisung aufgrund von Covid-19



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24.03.2022 10:00

Hohes Sterberisiko von Pflegeheimbewohnern nach Krankenhaus-Einweisung aufgrund von Covid-19

Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen, die im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, hatten ein hohes Sterberisiko von über 50 Prozent. Dies zeigt eine aktuell im Deutschen Ärzteblatt veröffentlichte Auswertung auf der Basis von Abrechnungsdaten der im Pflegeheim lebenden AOK-versicherten Pflegebedürftigen, die das Institut für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Berliner Charité und das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) gemeinsam durchgeführt haben.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Danach verstarben von den eingelieferten Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern im Durchschnitt 58 Prozent innerhalb der folgenden 90 Tage. Das Sterberisiko war innerhalb der zweiten Infektionswelle mit 59 Prozent am höchsten. In der ersten und dritten Welle lag es mit 53 Prozent beziehungsweise 52 Prozent etwas niedriger. Die Ursache für diese Unter-schiede könnten laut den Autoren die verschiedenen Krankenhaus-Aufnahmewahrscheinlichkeiten in den einzelnen Wellen sein.

Ein besonders hohes Sterberisiko hatten laut der Auswertung Bewohnerinnen und Bewohner mit Niereninsuffizienz, Demenz, Blutkrebs-Erkrankungen, immunsuppressiven Therapien und vorausgegangener Organtransplantation. Zudem war das Risiko zu versterben bei Männern größer als bei Frauen. Da Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen am Ende ihres Lebens stehen und im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ohnehin ein erhöhtes Sterberisiko aufweisen, vergleicht die Studie die Gruppe der Eingelieferten mit Stichproben aus Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern ohne Covid-19-assoziierten Krankenhausaufenthalt. Bei diesen lag die Rate der Verstorbenen unter 10 Prozent.

„Die Pandemie hat viele Verliererinnen und Verlierer. Die Auswertung belegt erneut, dass zu ihnen insbesondere die Alten und Pflegebedürftigen in den Heimen zählen. Es ist ein ethischer Auftrag, aus den Ergebnissen Lehren für die zukünftige Ausgestaltung der Versorgung in den Pflegeeinrichtungen zu ziehen“, so Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey, Charité-Projektleiterin.

„Die Ergebnisse belegen eindrucksvoll, wie gefährdet und vulnerabel die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen in der Pandemie sind. Der Schutz dieser Menschen durch Impfungen bleibt besonders wichtig. Vor diesem Hintergrund erscheinen die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht und die neuen Maßnahmen zur Erfassung des Impfstatus in den Pflegeeinrichtungen mehr als plausibel“, kommentiert Dr. Antje Schwinger, WIdO-Projektleiterin, die Ergebnisse der Studie.

Insgesamt sind 13.899 Covid-19-bedingte Krankenhausfälle in die Auswertung eingeflossen. Dies entspricht 64 Prozent der insgesamt an das Robert Koch-Institut übermittelten hospitalisierten Covid-19-Fälle aus Pflegeeinrichtungen. Basis der Analyse waren die Abrechnungsdaten von über 440.000 AOK-versicherten Pflegebedürftigen ab 60 Jahren. Für den Vergleich mit den Sterbequoten der Vorjahre 2015 bis 2019 wurden die Daten von insgesamt 1.070.000 Personen ausgewertet.

Die Auswertung ist ein Bestandteil des Projektes „Covid-Heim“, das durch Datenanalysen und unterschiedliche Studienansätze ein möglichst umfassendes Bild der Situation der Bewohnerinnen und Bewohner in deutschen Pflegeheimen während der Pandemie zeichnen soll. Ziel des Projektes ist es, die getroffenen Maßnahmen mit Blick auf ihre Wirkungen zu analysieren und hieraus Schlussfolgerungen für einen besseren Infektionsschutz in Pflegeheimen abzuleiten. Die Ergebnisse sollen auch in den Prozess der Gesetzgebung einfließen. Die Studie wird vom GKV-Spitzenverband gefördert.

Beitrag im Deutschen Ärzteblatt:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/224144/Mortalitaet-hospitalisierter-Pflegeheim…

Weitere Informationen zum Projekt „Covid Heim“:
https://medizinsoziologie-reha-wissenschaft.charite.de/forschung/alternsforschun…


Originalpublikation:

Kohl R, Schwinger A, Jürchott K, Hering C, Gangnus A, Steinhagen-Thiessen E, Kuhlmey A, Gellert P: Mortality among hospitalized nursing home residents with COVID-19. Dtsch Arztebl Int 2022; 119. DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0140


Weitere Informationen:

http://www.wido.de


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch


Quelle: IDW