Krankenhausstrukturreform bedarf neuer Methoden zur Qualitätsmessung



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28.08.2023 12:22

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Krankenhausstrukturreform bedarf neuer Methoden zur Qualitätsmessung

Krankenhausstrukturreform muss auf Basis messbarer Qualitätsparameter umgesetzt werden.
Vielfalt an Erhebungen, Rankings bei geringer Transparenz der Bewertungskriterien, methodische Mängel der Vergleichbarkeit bleiben ein Problem für Ratsuchende.
WiZen-Studie zeigt deutliches Potenzial von validen Zertifizierungsprozessen auf Versorgungsqualität.

Die Krankenausstrukturreform hat das übergeordnete Ziel, die Versorgungsqualität in Deutschland zu erhöhen. Woran sich diese bemisst, ist allerdings bislang weitestgehend ungeklärt. „Eine transparente und valide Darstellung von Qualitätsparametern ist eine zentrale, aber vor allem gemeinsame Aufgabe aller Krankenhäuser, der Politik und weiterer Partner“, so Prof. Dr. Michael Abrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikum Dresden. „Wir vertreten seit vielen Jahren die Position, dass es objektiver Qualitätsvergleiche bedarf.“ So war das Universitätsklinikum Dresden 2008 Gründungsmitglied der Initiative Qualitätsmedizin (IQM), einem träger- und länderübergreifenden gemeinnützigen Verein, in dem sich derzeit über 500 Krankenhäuser aus Deutschland und der Schweiz für mehr Qualität in der Medizin und Patientensicherheit engagieren.

Krankenhausrankings dienen in den wenigsten Fällen der Transparenz
Selbst etablierte Institutionen schaffen es nicht, valide, wegweisende Rankings zum Qualitätsvergleich zu etablieren. „Es gibt nahezu überall Schwierigkeiten mit den Verfahren und der Methodik“, erklärt Michael Albrecht. „Die Erhebungen erfolgen methodisch nicht transparent und sind wissenschaftlich demnach nicht oder schwer nachvollziehbar, was uns dazu zwingt, von diesen Verfahren Abstand zu nehmen.“ Das Universitätsklinikum Dresden hat sich 2022 entschieden, nicht mehr an der zentralen Abfrage des Rankings zur Focus Klinikliste 2024 teilzunehmen.

„Auch wir haben in den vergangenen Jahren versucht, mit unserem hervorragenden Abschneiden in diesem Ranking eine Orientierung für unsere Patientinnen und Patienten zu schaffen, dies ist aber auch aufgrund der unklaren Methodik sowie der zunehmenden Kommerzialisierung für uns zukünftig nicht mehr vertretbar. Wir setzen daher unter anderem auf bewährte und etablierte Zertifizierungsverfahren, und zwar vor allem auf solche, bei denen verschiedene medizinische Fachdisziplinen auf Basis wissenschaftlich fundierter Kriterien betrachtet und dann vor Ort von Experten geprüft werden. Darüber hinaus stellen wir uns regelmäßig den Anforderungen der internationalen Qualitätsmanagementnorm, der DIN EN ISO, mit der vor allem strukturelle und prozessuale Normkriterien begutachtet werden“, so Prof. Michael Albrecht.

Man wolle es aber nicht dabei belassen, sondern mit Partnern im Deutschen Gesundheitssystem in den Austausch gehen, professionelle Verfahren zur Qualitätsbewertung entwickeln und mit der Politik weiter vorankommen. Ein erster Schritt war 2012 die Gründung des Zentrums für evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) in Dresden. „Unser Ziel war es, medizinische Qualität messbar und transparent zu gestalten, Potenziale zu identifizieren und zu heben“, erklärt Prof. Michael Albrecht.

Qualität messbar machen
Am ZEGV wird seit mehr als zehn Jahren die bundespolitische Versorgungssituation wissenschaftlich untersucht. Die Experten um Prof. Dr. Jochen Schmitt beschäftigen sich mit der Auswertung von Daten, um ergebnisorientierte Qualität sichtbar zu machen. Wie relevant diese Erhebungen sind, zeigt die jüngste Studie „Wirksamkeit der Versorgung in onkologischen Zentren“ (WiZen), von Versorgungsforschern des Universitätsklinikums Dresden und der Universität Regensburg, die am 21. August 2023 im Deutschen Ärzteblatt erstveröffentlicht worden ist. Die Studie zeigte, dass Krebspatientinnen und -patienten, die sich in zertifizierten Krebszentren erstbehandeln lassen, Vorteile im Gesamtüberleben haben.

Versorgungwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus dem ZEGV, der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren und dem Zentrum für Qualitätssicherung und Versorgungsforschung an der Universität Regensburg haben dafür in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) die Daten von Betroffenen aus ganz Deutschland ausgewertet. Auf Basis kontrollierter Kohortenstudien wurde ermittelt, ob die Erstbehandlung in Krankenhäusern mit und ohne Zertifikat der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) ein unterschiedliches Gesamtüberleben zur Folge hat. Die Grundlage bildeten Daten von rund 22 Millionen volljähriger AOK-Versicherter, sowie von vier großen klinischen Krebsregistern aus Bayern, Berlin, Brandenburg, Sachsen und Thüringen. Für alle 11 untersuchten Krebsarten zeigen sich demnach Vorteile im Gesamtüberleben bei der Erstbehandlung in einer zertifizierten Klinik. Damit wird erstmals die Evidenz von Zertifizierungsverfahren auf die Behandlungsqualität von Patientinnen und Patienten bewiesen. „Insofern lohnt der genaue Blick auf die Vielzahl der Zertifizierungsangebote auf dem QM-Markt und im Übrigen auch die Information an die Patientinnen und Patienten“, so Prof. Dr. Maria Eberlein-Gonska, Leiterin des Bereichs Qualitäts- und Medizinisches Risikomanagement am Universitätsklinikum Carl Gustav Dresden.

Eine exzellente Versorgung auf Spitzenniveau orientiert sich an neuesten Erkenntnissen aus der Wissenschaft – so auch das Leistungsportfolio der Hochschulmedizin Dresden. „Dennoch mussten wir über viele Jahre erleben, wie unheimlich schwer es ist, objektive Verfahren mit Evidenznachweis zu etablieren“, sagt Prof. Michael Albrecht. „Vergleichsparameter müssen aber spätestens jetzt transparent, für den aufgeklärten Patienten zur Verfügung stehen.“ Man hoffe, dass mit dem aktuellen Antritt der Politik im Rahmen notwendiger Vergleichsfaktoren innerhalb der Krankenhausstrukturreform neuer Schwung in das Thema kommt, um den Patientinnen und Patienten Entscheidungshilfen anbieten zu können.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Pressestelle
Annechristin Bonß
Tel.: +49 351 458-14162
E-Mail: pressestelle@uniklinikum-dresden.de


Weitere Informationen:

http://Das Landgericht München I hat im Februar 3 (Az. 4 HK O 1454/21) gegen die Vergabe kommerzieller Siegel entschieden. Es bewertet die Prüfzeichen als irreführend und bemängelt deren Vergabe gegen ein hohes Entgelt.
https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s12634-023-2301-x.pdf
http://Studie WiZen:
https://www.aerzteblatt.de/archiv/233577/Krebserstbehandlung-in-zertifizierten-v…
https://doi.org/10.3238/arztebl.m2023.0169


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW