Neue Risikogene für Nierenschäden entdeckt



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11.09.2019 12:39

Neue Risikogene für Nierenschäden entdeckt

Erhöhte Eiweißwerte im Urin sind ein Anzeichen für eine chronische Nierenerkrankung. Darunter leiden mehr als zehn Prozent aller Erwachsenen. Außerdem erhöhen sie das Risiko von Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ein internationales Team von mehr als 180 Forschenden, an dem die Universität Greifswald maßgeblich beteiligt war, hat in umfangreichen Studien 68 bisher größtenteils unentdeckte Genorte nachgewiesen, welche die Menge der Eiweißausscheidung im Urin beeinflussen. Die Erkenntnisse liefern Ansatzpunkte für neue Therapieverfahren zur Verringerung von Nierenschäden. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin Nature Communications (DOI: 10.1038/s41467-019-11576-0) veröffentlicht.

Im Laufe der Evolution haben sich erbliche Veränderungen entwickelt, die unter anderem zu einer erhöhten Eiweißausscheidung im Urin führen, der sogenannten Mikroalbuminurie. Um den Zusammenhang zwischen Varianten der Erbanlage und der Mikroalbuminurie zu finden, wurden die genetischen Informationen von weltweit mehr als 550 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus 54 Studien untersucht. In die aktuelle Studie flossen neben Daten aus Studien des Forschungskonsortiums CKDGen Consortium (Chronic Kidney Disease Genetics) auch Daten der britischen UK Biobank Gesundheitsstudie, des US-amerikanischen „Million Veteran Program“ sowie genetische Informationen von mehr als 4 000 Menschen aus den beiden Greifswalder Bevölkerungsstudien SHIP und SHIP-Trend ein.
Die gefundenen genetischen Variationen stehen nicht nur im Zusammenhang mit Nierenschäden, sondern auch mit Gicht, Bluthochdruck und erhöhten Cholesterinwerten. 41 der insgesamt 68 entdeckten Genorte wurden bisher noch nicht in Zusammenhang mit erhöhter Eiweißausscheidung im Urin gebracht. Die genetischen Veränderungen wurden anschließend hinsichtlich ihrer Funktion in verschiedenen Organen näher untersucht. Abschließend konnte für zwei Risikogene im Tiermodell gezeigt werden, wie genau sie zur Entstehung von Mikroalbuminurie beitragen. Die Ergebnisse liefern neue Ansatzpunkte für die Medikamentenentwicklung zur Behandlung von Nierenerkrankungen.
Dr. Alexander Teumer, Erstautor der Studie und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universitätsmedizin Greifswald und dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (DZHK) betont die Bedeutung der fachübergreifenden, internationalen Kooperation für das Gelingen der Studie: „In unserer Studie haben wir umfangreiche Daten verschiedener genetischer Ebenen erfolgreich mit klinischen Daten großer Gesundheitsstudien verknüpft. Funktionale Zusammenhänge unserer weitestgehend am Computer ermittelten Ergebnisse konnten anschließend exemplarisch am Tiermodell nachgewiesen werden.“
Sahar Ghasemi, Ko-Erstautorin und Doktorandin an der Universitätsmedizin Greifswald und wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe von Dr. Teumer, ergänzt: „Aufgrund der strukturierten und gut organisierten Arbeit in dem fachübergreifenden, internationalen Team haben wir in relativ kurzer Zeit relevante Ergebnisse erhalten.“

WEITERE INFORMATIONEN
Publikation
Teumer et al. (2019): „Genome-wide association meta-analyses and fine-mapping elucidate pathways influencing albuminuria”. Nature Communications, September 2019, DOI: 10.1038/s41467-019-11576-0.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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CKDGen-Konsortium
Das Forschungskonsortium CKDGen Consortium (Chronic Kidney Disease Genetics) ist ein Zusammenschluss auf Kooperationsbasis von weltweit führenden epidemiologischen Studien und erforscht maßgeblich den genetischen Hintergrund komplexer Nierenerkrankungen. Die Forschungsarbeit des Konsortiums wird von Prof. Dr. Anna Köttgen (Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland) zusammen mit Dr. Cristian Pattaro (Europäische Akademie Bozen (EURAC), Italien) koordiniert.

Weiterführende Links
UK Biobank: http://www.ukbiobank.ac.uk
Greifswalder Bevölkerungsstudien SHIP und SHIP-Trend: http://www.medizin.uni-greifswald.de/cm/fv/ship.html
Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung e.V. (DZHK): http://www.dzhk.de/standorte/greifswald/

FOTO
Dr. Alexander Teumer – Foto: Jan Meßerschmidt
Das Foto kann für redaktionelle Zwecke im Zusammenhang mit dieser Pressemitteilung kostenlos unter pressestelle@uni-greifswald.de angefordert werden. Bei Veröffentlichung ist der Name des Bildautors zu nennen. Download: http://www.uni-greifswald.de/pressefotos

Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Dr. Alexander Teumer
Universitätsmedizin Greifswald
Institut für Community Medicine, Abteilung SHIP-KEF
Walther-Rathenau-Str. 48, 17489 Greifswald
Telefon 03834 86 19579
ateumer@uni-greifswald.de
http://www.publons.com/researcher/1280085/


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW