Neues Tool schätzt individuelles Darmkrebsrisiko auf Basis des Lebensstils



Teilen: 

01.02.2021 18:07

Neues Tool schätzt individuelles Darmkrebsrisiko auf Basis des Lebensstils

LifeCRCscore, ein neues Online-Tool, kann dabei helfen, das individuelle Risiko zu bestimmen, in den kommenden 10 Jahren an Darmkrebs zu erkranken. Es basiert auf Angaben wie etwa zu Alter, Größe und Gewicht sowie zu verschiedenen Lebensgewohnheiten. Das Tool soll Einzelpersonen mit Empfehlungen zu Änderungen im Lebensstil motivieren oder Ärztinnen und Ärzten aufzeigen, welche Patientinnen und Patienten besonders gefährdet sind. Entwickelt hat es ein Team um Prof. Dr. Krasimira Aleksandrova, stellvertretende Leiterin der Abteilung Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Im Jahr 2018 traten weltweit über 1,8 Millionen neue Fälle von Darmkrebs auf, was 10 Prozent aller neuen Krebsfälle entspricht. Darmkrebs ist damit eine der häufigsten Krebsarten. Studien deuten darauf hin, dass die Zahl der Darmkrebsfälle in den kommenden Jahren noch deutlich ansteigt. Hochrechnungen gehen davon aus, dass im Jahr 2030 etwa 2,2 Millionen neue Fälle auftreten und 1,1 Millionen Menschen daran versterben werden. Die europäischen Länder stehen dabei weltweit an vorderster Stelle. Hinzu kommt: In den letzten Jahren erkranken zunehmend auch jüngere Menschen.

Beeinflussbare Verhaltensweisen wie Rauchen, schlechte Ernährung, übermäßiger Alkoholkonsum und körperliche Inaktivität, sowie schnelle Gewichtszunahme und Adipositas können das Risiko einer Person, an Darmkrebs zu erkranken, erhöhen. Sogenannte lebensstilbasierte Risikomodelle können daher helfen, Personen mit einem hohen Risiko zu identifizieren, sie zu Verhaltensänderungen zu motivieren oder ihnen Früherkennungsuntersuchungen anzubieten.

Auf Basis dieses Wissens entwickelte und validierte das Team um Prof. Aleksandrova einen lebensstilbasierten Risikovorhersagealgorithmus für Darmkrebs. Dies geschah in enger Zusammenarbeit mit der International Agency for Research on Cancer (IARC) und anderen Kooperationspartnern der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie. Die Ergebnisse veröffentlichte das Team jetzt in der Fachzeitschrift BMC Medicine.

Das Modell basiert auf Gesundheitsdaten von 255.482 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der EPIC-Studie, die in den Jahren 1992 bis 2000 nicht an Krebs erkrankt waren und bis zu 15 Jahre lang nachbeobachtet wurden. Zusätzlich nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weitere Daten von 74.403 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, um das Modell zu validieren. Während des Studienzeitraums traten in der Entwicklungs- und Validierungsstichprobe 3.645 bzw. 981 Fälle von Darmkrebs auf.

LiFeCRC-Score
„Ein Ziel dieser Forschung war es, Menschen dabei zu helfen, ihr eigenes Risiko für Darmkrebs abzuschätzen und Lebensstilentscheidungen auf dieses Wissen zu stützen“, erklärt Prof. Aleksandrova. Sie fügt hinzu: „Es ist das erste Mal, dass Daten aus einer groß angelegten europäischen Kohortenstudie verwendet wurden, um ein einfach zu bedienendes Werkzeug zur Darmkrebsvorsorge zu entwickeln. Das Modell berücksichtigt das individuelle Alter, den Taillenumfang und die Körpergröße sowie kritische Ernährungs- und Lebensstilfaktoren, die das Risiko einer Person, in den nächsten 10 Jahren an Darmkrebs zu erkranken, beeinflussen können. Hierzu gehören etwa der tägliche Alkoholkonsum, der Raucherstatus, körperliche (In-)Aktivität und die Aufnahme von Gemüse, Milchprodukten, verarbeitetem Fleisch sowie von Zucker und Süßwaren.“

„Derzeit wird die Zielpopulation für das Darmkrebs-Screening hauptsächlich allein aufgrund des Alters bestimmt“, sagt Prof. Aleksandrova. „Obwohl das Alter, wie unsere Daten zeigen, zweifellos ein wichtiger Prädiktor für Darmkrebs ist, ermöglichen Informationen über modifizierbare Lebensstilfaktoren die Bereitstellung von präventiven Gesundheitsempfehlungen für Risikopersonen. Obwohl Darmkrebs eine der führenden Ursachen für Krebsmorbidität und -mortalität darstellt, lässt er sich weitestgehend vermeiden. Wir hoffen, dass unser Modell dazu beitragen kann, indem es die Menschen zu einem gesünderen Lebensstil motiviert.“

Das BIPS – Gesundheitsforschung im Dienste des Menschen
Die Bevölkerung steht im Zentrum unserer Forschung. Als epidemiologisches Forschungsinstitut sehen wir unsere Aufgabe darin, Ursachen für Gesundheitsstörungen zu erkennen und neue Konzepte zur Vorbeugung von Krankheiten zu entwickeln. Unsere Forschung liefert Grundlagen für gesellschaftliche Entscheidungen. Sie informiert die Bevölkerung über Gesundheitsrisiken und trägt zu einer gesunden Lebensumwelt bei.

Das BIPS ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der 96 selbstständige Forschungseinrichtungen gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 20.000 Personen, darunter 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Aleksandrova, Krasimira, PD Dr.
Abteilung: Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung
aleksandrova@leibniz-bips.de


Originalpublikation:

Aleksandrova, K., Reichmann, R., Kaaks, R. et al. Development and validation of a lifestyle-based model for colorectal cancer risk prediction: the LiFeCRC score. BMC Med 19, 1 (2021). https://doi.org/10.1186/s12916-020-01826-0


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW