Profiling von süß-fettigen Molekülen an Zelloberflächen



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27.10.2022 10:45

Profiling von süß-fettigen Molekülen an Zelloberflächen

Neue Methode ermöglicht Messung von Glykolipiden, nun soll etwa die Relevanz bei Krebserkrankungen untersucht werden

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Sogenannte Glykolipide, also “süß-fettige” Moleküle, sind eine relativ unbekannte Gruppe unter den vielfältigen körpereigenen Lipiden. Eine von einem österreichischen Team um Chemikerin Evelyn Rampler von der Universität Wien entwickelte Methode ermöglichte nun tiefere Einblicke in die Funktionsweise bestimmter Glykolipide, die u.a. an den Oberflächen von Stammzellen sitzen. Die für verschiedenste Glykolipid-Gruppen anwendbare Methode stellten die Forscher*innen der Universität Wien, BOKU Wien und Uni Graz in dem Open Access “Journal of the American Chemical Society Au” vor.

Wegweisende Methodenentwicklung in der Glyko-Forschung, also zur Funktionsbestimmung von Zuckerstrukturen an Zelloberflächen, erhielt jüngst mit der Vergabe des Chemie-Nobelpreises an Carolyn Bertozzi große Anerkennung. Die Erforschung der Klasse von süß-fettigen Molekülen, sogenannten Glykolipiden, ist hingegen ein relativ neues, aufstrebendes Forschungsfeld. Die Chemikerin Evelyn Rampler von der Universität Wien und ihre Kolleg*innen liefern mit ihrer neuen Studie wertvolle Grundlagenforschung. Aufbauend auf hochempfindlichen Verfahren wie der Massenspektrometrie (ein Verfahren zum Messen der Masse von Atomen oder Molekülen) kann heute die notwendige Strukturaufklärung für Glykolipide durchgeführt werden.

Bisher schlecht messbar

Ziel der aktuellen Studie war es, eine Methode und Datenauswertung für eine bestimmte, bisher nicht gut messbare Klasse an Glykolipiden zu entwickeln: sogenannte Ganglioside, deren Zusammensetzung sich auf der Zellmembran während der Ausdifferenzierung von Stammzellen ändert.

“Mit den bisherigen Ansätzen war es nicht möglich, die vielfältigen Funktionen der Ganglioside in Alzheimer, Demenz oder Krebs aufzuklären, da ihnen die notwendige Empfindlichkeit fehlte. Mit unserer neuen Methode stellen wir nun ein Werkzeug zur umfassenden Analyse von Gangliosiden zur Verfügung”, so Evelyn Rampler, Gruppenleiterin am Institut für Analytische Chemie der Universität Wien.

In einem Forschungskonsortium der MedUni Wien und Uni Wien soll nun die Relevanz von Gangliosiden und auch anderen süß-fettigen Molekülen in Krebs untersucht werden. Auch vorstellbar sei es, die Methode mit der bioorthogonalen Markierung von Nobelpreisträgerin Carolyn Bertozzi zu kombinieren, um die Zuckerstrukturen auf Zellen noch eingehender zu untersuchen.

Studie an menschlichen Stammzellen

“Unsere Studie an menschlichen Stammzellen hat gezeigt, dass sich die vorhandenen Muster von Gangliosiden massiv verändern, je nachdem, welche Zellen oder Gewebe aus den Stammzellen entstehen. Es war daher möglich, neue Marker für verschiedene Zelltypen zu identifizieren, die nun noch in unabhängigen Studien mit größeren Stichproben bestätigt werden müssen”, sagt Evelyn Rampler.

“Mit Hilfe unserer neuen Methode, basierend auf der Massenspektrometrie, konnten wir die molekulare Vielfalt der Ganglioside in einem bisher noch nicht dagewesenen Detailgrad messen und beschreiben”, so Erstautorin und Chemikerin Katharina Hohenwallner von der Universität Wien.
Zum Erfolg trugen auch Experimente mit Stammzellen bei, durchgeführt von Dominik Egger vom Institut für Zell- und Gewebekulturtechnologien der BOKU Wien. Zudem wurde die Software “Lipid Data Analyzer” für Ganglioside gemeinsam mit Forscher*innen von der Universität Graz (Institut für Pharmazeutische Wissenschaften) adaptiert.

OP-Gewebeabfall als Proben

Für die Analyse nutzte das Team Gewebeproben, die als medizinischer Abfall bei Operationen anfallen. Zunächst wurden die sogenannten mesenchymalen Stammzellen aus dem Gewebe isoliert und zur Ausdifferenzierung in z.B. Knochenzellen, Knorpelzellen oder Fettzellen gebracht. Im Rahmen der Studie wurde die bisher größte Anzahl von Gangliosiden gefunden und diese als potenzielle Marker identifiziert, um auf chemischer Ebene die verschiedenen Zelltypen zu unterscheiden. Unter Einbindung der automatisierten Datenauswertung entwickelten die Forscher*innen eine Methode um die Ganglioside erstmals umfassend zu messen und strukturell zu beschreiben (z.B. welche Fettsäure dem Molekül angehängt ist).


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dipl.-Ing. Evelyn Rampler, Privatdoz. Bakk. PhD
Institut für Analytische Chemie
Universität Wien
1090 – Wien, Währinger Straße 38
+43-1-4277-52381
evelyn.rampler@univie.ac.at
https://ramplerlab.univie.ac.at/


Originalpublikation:

Publikation in “JACS Au”:
Decoding Distinct Ganglioside Patterns of Native and Differentiated Mesenchymal Stem Cells by a Novel Glycolipidomics Profiling Strategy; Katharina Hohenwallner, Nina Troppmair, Lisa Panzenboeck, Cornelia Kasper, Yasin El Abiead, Gunda Koellensperger, Leonida M. Lamp, Jürgen Hartler, Dominik Egger, and Evelyn Rampler, Open Access Journal of the American Chemical Society / JACS Au, 2022,
DOI: 10.1021/jacsau.2c00230
https://pubs.acs.org/doi/10.1021/jacsau.2c00230


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Chemie, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW