14.05.2019 17:00
Relaisstation im Gehirn steuert unsere Bewegungen
Die Relaisstation des Gehirns, die Substantia nigra, beherbergt verschiedene Arten von Nervenzellen und ist für die Ausführung von Bewegungen zuständig. Die Forschungsgruppe von Prof. Kelly Tan am Biozentrum der Universität Basel hat nun zwei dieser Zellpopulationen genauer charakterisiert und konnte ihnen jeweils eine genaue Funktion zuordnen. Die Ergebnisse der Untersuchung sind jetzt in «Cell Reports» veröffentlicht.
Egal ob wir unsere Arme, Beine oder den gesamten Körper bewegen, alles wird zentral von unserem Gehirn gesteuert. Dabei spielen verschiedene Hirnregionen und ihre Netzwerke eine wichtige Rolle. So auch die Substantia nigra, eine bislang wenig erforschte Gehirnregion. Wie eine Relaisstation empfängt und verteilt sie Signale, um eine gewünschte Bewegung zu koordinieren und auszuführen. Im Mausmodell hat die Forschungsgruppe von Prof. Kelly Tan am Biozentrum der Universität Basel nun zwei Zellpopulationen in dieser Hirnregion identifiziert, die für verschiedene Aspekte einer Bewegung verantwortlich sind.
Korrekte Bewegung dank Teamwork von Neuronenpopulationen
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Das Forschungsteam hat dazu die Substantia nigra anatomisch, genetisch und funktionell untersucht. Es zeigte sich, dass diese Region aus mehreren unterschiedlichen Typen von Nervenzellen besteht. Für zwei der Populationen haben die Forscher nun die genaue Funktion aufgeklärt: Während die eine Population für die Ingangsetzung einer gewünschten Bewegung verantwortlich ist, sorgt die zweite für deren Fortführung.
«Die Heterogenität von Nervenzellpopulationen im Gehirn, auch in der Substantia nigra, ist ein bekanntes Konzept. Mit unserer Studie konnten wir nun nicht nur die Funktion von zwei Gruppen von Nervenzellen entschlüsseln, sondern auch zeigen, dass diese beiden Populationen zusammenarbeiten, um eine Bewegung korrekt auszuführen», sagt Giorgio Rizzi, Erstautor der Studie.
Signale zur Bewegungssteuerung laufen bei Parkinson ins Leere
Die Erkenntnisse der Studie sind auch im Hinblick auf das Parkinson-Syndrom von Bedeutung. Die Betroffenen leiden unter motorischen Störungen, da bestimmte Nervenzellen bei ihnen absterben. «Interessanterweise interagieren diese Zellen mit der von uns identifizierten Zellpopulation, welche Bewegungen initiiert. Der Verlust dieser bestimmten Nervenzelltypen bei Parkinson bedeutet, dass Signale nicht mehr weitergeleitet bzw. empfangen werden. Diese Fehlfunktion könnte der Grund für die bei Parkinsonpatienten beobachtete gestörte Bewegungsinitiierung sein», sagt Kelly Tan.
Zukünftig möchte das Forschungsteam weitere Zellpopulationen in der Substantia nigra identifizieren und ihre motorischen Funktionen aufklären. «In Bezug auf Parkinson möchten wir untersuchen, wie sich die Netzwerke in Folge der Erkrankung verändern und wie sich dies auf die Bewegungsabläufe auswirkt. Wenn wir die Veränderungen der Netzwerke verstehen, finden wir vielleicht auch Wege, diese neurodegenerative Erkrankung besser zu handhaben und die Symptome von Parkinson-Patienten zu lindern», so Kelly Tan.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Kelly Tan, Universität Basel, Biozentrum, Tel. +41 61 207 16 26, E-Mail: kelly.tan@unibas.ch
Originalpublikation:
Giorgio Rizzi and Kelly R. Tan
Synergistic nigral output pathways shape movement
Cell Reports (2019), doi: 10.1016/j.celrep.2019.04.068
https://www.cell.com/cell-reports/fulltext/S2211-1247(19)30541-8
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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