Sequentielle Antibiotikatherapie im Labor und beim Patienten



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12.01.2023 12:13

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Sequentielle Antibiotikatherapie im Labor und beim Patienten

Schnelle Wechsel zwischen verschiedenen Antibiotika könnten die Evolution von Resistenzen verhindern und zur erfolgreichen Behandlung von Patienten führen.

Neueste Forschungsergebnisse des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön (MPI) legen nahe, dass ein schneller Wechsel von Antibiotika während der Behandlung eines Patienten einer eventuellen Resistenzevolution erfolgreich entgegenwirken könnte. Die optimale Geschwindigkeit der Wechsel hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehört unter anderem die Wechselwirkung zwischen den Medikamenten.
Experimente zeigen, dass schnelle Wechsel zwischen Antibiotika die Ausbreitung von Resistenzen verhindern können. Besonders geeignet für solche Therapien könnten Medikamentenpaare sein, die kollateral sensitiv sind. Das heißt, dass eine Resistenz gegenüber dem einen Medikament dazu führt, dass die Bakterien empfindlicher gegenüber dem anderen Medikament werden. Allerdings unterscheiden sich die Umgebungsbedingungen der Bakterien im Patienten klar von denen in einem Labor. Ein wichtiger Unterschied dabei ist, dass die Medikamente im Labor abrupt gewechselt werden können, während bei den Patienten natürliche Abbauprozesse zu schwankenden Antibiotika-Konzentrationen führen. Dabei kann es Phasen geben, in denen sich die Dosen aufeinanderfolgender Medikamentengaben überlagern. Während solcher Überschneidungs-phasen können Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten die Evolutionsdynamik beeinflussen.

Zwei Vergleichsmodelle

Um die Lücke zwischen dem Labor und einer möglichen klinischen Anwendung zu schließen, haben die Doktorandin Christin Nyhoegen und die Forschungsgruppenleiterin Dr. Hildegard Uecker der Forschungsgruppe Stochastische Evolutionäre Dynamik des MPI in Plön zwei mathematische Modelle zum Vergleich aufgestellt – ein “Labormodell” und ein pharmakokinetisch-pharmakodynamisches “Patientenmodell”. Die Analyse zeigt, dass im Labor die Behandlung mit dem schnellsten Wechsel der Medikamente die Bakterienpopulation immer mindestens genauso gut unterdrückt, wie Behandlungen mit langsameren Wechseln. Bei der Behandlung von Patienten trifft das zwar häufig auch zu, manchmal kann jedoch ein etwas langsamerer Wechsel vorteilhaft sein. Das vor allem dann, wenn die Bakterien langsam replizieren und die pharmakodynamische Kurve steil ist oder die Medikamente antagonistisch wechselwirken. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass sequentielle Therapie nicht nur im Labor, sondern auch im Patienten gut funktionieren könnte. Die optimale Strategie kann aber unter Umständen leicht variieren“, sagt die Doktorandin Christin Nyhoegen.

Einsatz in der Praxis

Wenn vor der Behandlung keine Resistenzen vorhanden sind, bringt die kollaterale Sensitivität keinen wesentlichen Vorteil, es sei denn, die Zellteilungsrate ist niedrig und der Wechsel zwischen den Medikamenten langsam. Im Gegensatz dazu haben Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten einen großen Einfluss auf die Effizienz von Behandlungen, in denen schnell gewechselt wird. Das zeigt, wie wichtig diese für die optimale Auswahl von Medikamentenpaaren sein könnten.

Unabhängig von der theoretischen Studie gibt es erste Bemühungen, mittels Beobachtungsstudien Hinweise auf die Wirksamkeit der sequentiellen Therapie im Patienten zu erlangen. Ergebnisse dieser als auch der theoretischen Studie können eine Grundlage für die Planung randomisierter klinischer Studien bieten, die derzeit jedoch noch nicht umsetzbar sind.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Hildegard Uecker
Forschungsgruppenleiterin
Forschungsgruppe Stochastische Evolutionäre Dynamik


Originalpublikation:

Nyhoegen Christin and Uecker Hildegard 2023
Sequential antibiotic therapy in the laboratory and in the patientJ. R. Soc. Interface.202022079320220793
http://doi.org/10.1098/rsif.2022.0793


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


 

Quelle: IDW