Störungen im Fettstoffwechsel beeinflussen die Produktion von Blutplättchen



Teilen: 

07.09.2023 09:31

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Störungen im Fettstoffwechsel beeinflussen die Produktion von Blutplättchen

Blutplättchen sind im menschlichen Körper für die Blutgerinnung entscheidend und verhindern übermäßige Blutungen. Bei ihrer Produktion kommt Lipiden in ihrer Funktion als “Bausteinen der Zellmembran” eine wichtige Bedeutung zu. In einer aktuellen Studie, veröffentlicht in “Nature Cardiovascular Research”, untersuchten der Chemiker Robert Ahrends von der Universität Wien und der Kardiologe Oliver Borst von der Universität Tübingen die komplexe Rolle von Lipiden bei der Bildung lebenswichtiger Blutbestandteile. Sie fanden heraus, dass sich Störungen des Lipidstoffwechsels wie etwa bei Fettleibigkeit auf die Blutplättchen-Produktion und damit auf Herz und Gefäße allgemein auswirken könnten.

Blutplättchen sind winzige scheibenförmige kernlose Zellen in unserem Blutkreislauf. Der Prozess der Plättchen-Bildung, bekannt als Thrombopoese, beginnt mit der Differenzierung mehrkerniger Zellen im Knochenmark, den Megakaryozyten. Diese Megakaryozyten durchlaufen eine Reihe von Verwandlungen, die schließlich zur Entstehung Tausender von Blutplättchen, abgeschnürt in die Gefäße des Knochenmarks, aus einem Megakaryozyten führen.

Trotz ihrer klinischen Bedeutung gibt es bislang keine “Landkarte” des Lipidstoffwechsels von Megakaryozyten. Die Erforschung der Differenzierung von Megakaryozyten und der Produktion von Blutplättchen konzentrierte sich ausschließlich auf Enzyme, die mit dem Stoffwechsel von Sphingolipiden, den wichtigsten Bestandteilen der Zellmembran, in Zusammenhang stehen. Die genaue Art der beteiligten Lipidspezies sowie ihrer verstoffwechselnden Enzyme und ihre Auswirkungen auf den Prozess waren weitgehend unbekannt. Mithilfe modernster Massenspektrometrie-basierter Multiomic untersuchte das Forschungsteam die Mechanismen der Lipidom-Modulation von Megakaryozyten während ihrer Reifung und Bildung zu Blutplättchen.

Lipidgesteuerte Transformation der Zellmembranen

Während der Differenzierung der Megakaryozyten veränderte sich die Zusammensetzung der Lipidmembran erheblich, was das Team als “anionischen Membran-Phänotyp” bezeichnet. “Wir stellten fest, dass diese Veränderung direkt mit der Regulierung wichtiger Proteine und Kinasen zusammenhängt, die unmittelbar an der Bildung von Blutplättchen beteiligt sind”, erklärt Robert Ahrends.

Die Studie betonte auch die Rolle der Fettsäuren – der Bausteine der Lipide – in diesem Prozess. Die Forscher fanden heraus, dass die Aufnahme von Fettsäuren während der Reifung der Megakaryozyten deutlich zunahm, während gleichzeitig die Fettsäuresynthese gesteigert wurde. Wenn sie diese Prozesse manipulierten, führte dies zu einer ausgeprägten Thrombozytopenie, einem Zustand, der durch eine abnorm niedrige Zahl von Blutplättchen gekennzeichnet ist.

Bedeutung für die kardiovaskuläre Fitness

Die neue Studie bietet eine bemerkenswerte neue Perspektive auf die Differenzierung von Megakaryozyten und die Produktion von Blutplättchen, indem sie das Zusammenspiel von Lipiden und Proteinen bei der Transformation der Zellmembranen hervorhebt. “Unsere Studie legt den Grundstein für die Erforschung der Frage, wie sich Störungen des Lipidstoffwechsels, die bei Erkrankungen wie Fettleibigkeit auftreten, auf die Blutplättchen-Produktion und die Entstehung kardiovaskulärer Ereignisse auswirken könnten”, sagt der Kardiologe Oliver Borst. Jenseits wissenschaftlicher Erkenntnisse verspricht diese Entdeckung auch die Perspektive für neue Wege zur Bewältigung der Herausforderungen bei Herz- und Gefäßerkrankungen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Wissenschaftlicher Kontakt
Prof. Dr. Robert Ahrends
Institut für Analytische Chemie
Universität Wien
1090 – Wien, Währinger Straße 38
+43-1-4277-52304
robert.ahrends@univie.ac.at
https://lipidomics.at/


Originalpublikation:

Publikation in “Nature Cardiovascular Research”:
Critical shifts in lipid metabolism promote megakaryocyte differentiation and proplatelet formation; Bianca de Jonckheere, Ferdinand Kollotzek, Patrick Münzer, Vanessa Göb, Melina Fischer, Kristina Mott, Cristina Coman, Nina Nicole Troppmair, Mailin-Christin Manke, Monika Zdanyte, Tobias Harm, Manuel Sigle, Dominik Kopczynski, Andrea Bileck, Christopher Gerner, Nils Hoffmann, David Heinzmann, Alice Assinger, Meinrad Gawaz, David Stegner, Harald Schulze, Oliver Borst, Robert Ahrends, in Nature Cardiovascular Research 2023,
DOI: 10.1038/s44161-023-00325-8
https://www.nature.com/articles/s44161-023-00325-8


Weitere Informationen:

https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/a…


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW