10.05.2022 17:18
Toxoplasmose: Vermehrung von Parasiten in Wirtszelle gestoppt
Eine neue Methode blockiert die Proteinregulation des Parasiten Toxoplasma gondii und führt zu seinem Absterben innerhalb der Wirtszelle.
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Die Toxoplasmose gehört zu den weltweit am meisten verbreiteten Zoonosen. Dabei handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die von Katzen auf Menschen übertragen werden kann. Zudem können sich Menschen durch den Verzehr von nicht durchgebratenem Fleisch infizieren. Vor allem für Schwangere ist eine Infektion gefährlich, da sie zu Missbildungen beim Fötus führen kann.
Verursacher der Krankheit ist der einzellige Parasit Toxoplasma gondii. Innerhalb der Wirtszelle bildet er ein kleines Bläschen. Diese sogenannte parasitophore Vakuole sorgt für den Nährstoffaustausch und die synchrone Zellteilung. Dabei sind die entstandenen Tochterzellen innerhalb der Vakuole über ein Netzwerk – vergleichbar einer Nabelschnur – miteinander verbunden. Bis zu 64 Tochterzellen können sich in dem Bläschen bilden. Sobald die Abkömmlinge reif sind, sorgt ein Regulationsmechanismus dafür, dass die Vakuole mit den darin gebildeten Strukturen aufgelöst wird. Das ist der Zeitpunkt, an dem die Tochterzellen mobil werden und neue Wirtszellen befallen.
Hoffnung für die Entwicklung neuer Medikamente
Bislang war nicht bekannt, welche Gene die Proteine codieren, die den Austritt aus der Wirtszelle steuern. Um erstere zu identifizieren, haben Prof. Markus Meißner, Leiter des LMU-Lehrstuhls für Experimentelle Parasitologie, und sein Team gemeinsam mit Kollegen der University of Glasgow (Schottland) ein neuartiges genetisches Screeningverfahren entwickelt, das auf der „Genschere“ cas9 basiert, und eine Bibliothek von 320 parasitenspezifischen Genen untersucht. Dabei haben sie zwei Gene entdeckt, ohne die ein Zellaustritt unmöglich ist.
Die gezielte Zerstörung dieser Gene führte zu einer Blockade des Austritts und damit zum Tod der nächsten Parasitengeneration innerhalb der Wirtszelle. „Damit ist der Weg frei für die Entwicklung potenzieller Wirkstoffe, welche die Funktion der entsprechenden Proteine blockieren und so die Verbreitung stoppen könnten“, kommentiert Markus Meißner.
Toxoplasma gondii ist eng mit dem Malariaerreger Plasmodium falciparum verwandt. Deshalb dient der Parasit als Modellorganismus für den Erreger der Tropenkrankheit, an der jährlich weltweit Hunderttausende Menschen sterben. „Wir gehen davon aus, dass ähnliche Prozesse die Vermehrung des Malariaerregers steuern“, erklärt LMU-Parasitologin Dr. Elena Jimenez-Ruiz. „Wir werden als nächstes untersuchen, welche Funktionen diese Proteine im Malaria-Erreger haben und ob es mögliche Ansatzpunkte für die Entwicklung neuer Medikamente gibt.“
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Prof. Dr. Markus Meissner
Lehrstuhl für Experimentelle Parasitologie
Telefon: +49 (0) 89 2180 – 3622
E-Mail: markus.meissner@lmu.de
Originalpublikation:
Wei Li, Janessa Grech, Johannes Felix Stortz, Matthew Gow, Javier Periz, Markus Meissner and Elena Jimenez-Ruiz. A phenotypic screen using splitCas9 identifies essential genes required for actin regulation during host cell egress and invasion by Toxoplasma gondii. Nature microbiology, 2022.
https://www.nature.com/articles/s41564-022-01114-y
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin, Tier / Land / Forst
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch