Veröffentlichung im Ärzteblatt: Überraschende Ergebnisse über Einweisungen und Ressourcen in zentralen Notaufnahmen



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22.09.2022 13:09

Veröffentlichung im Ärzteblatt: Überraschende Ergebnisse über Einweisungen und Ressourcen in zentralen Notaufnahmen

Die Zentralen Notaufnahmen (ZNA) in deutschen Kliniken sind überlastet, weil viele Patientinnen und Patienten dort fehl am Platz sind – sie könnten genauso gut ambulant und mit weniger Kostenaufwand versorgt werden. Diese weit verbreitete Meinung ist eindeutig falsch! Dies zeigt eine aktuelle Studie des Sektionssprechers Klinische Akut- und Notfallmedizin der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI).

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Das Team von Professor André Gries, Leiter der ZNA am Universitätsklinikum Leipzig wertete Daten von mehr als 34.000 Patienten aus, die vor der Pandemie, im Jahr 2019, in der ZNA des Universitätsklinikums Leipzig behandelt wurden. Das Ergebnis: Jeder sechste Selbsteinweiser wurde anschließend auch stationär behandelt. Die Studie wird morgen auch im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht.

„Welche Patienten kommen über welche Einweisungsarten in die ZNA? Welche Ressourcen sind für ihre Behandlung erforderlich? Und wie groß ist der Anteil der Patienten, die nach der ZNA auch stationär weiterbehandelt werden müssen? Auf diese Fragen wollten wir Antworten finden“, erklärt Studienleiter Gries. Von den rund 34.000 untersuchten Patientenfällen wurden 47,7 Prozent durch einen Rettungs- und Notarztdienst sowie 7,6 Prozent durch einen Arzt eingewiesen, 44,7 Prozent kamen aus eigener Kraft. „Interessant ist zum Beispiel, dass 16 Prozent der Selbsteinweiser auch stationär aufgenommen werden mussten, während die stationäre Aufnahmerate bei durch Ärzten zugewiesene Patienten bei nur rund 40 Prozent liegt“, erläutert Gries. Also wurden rund 60 Prozent der eingewiesenen Patienten nach einer Untersuchung in der Notaufnahme wieder nach Hause geschickt.
Einen Grund dafür sei häufig fehlende Ausstattungen in den Praxen, wenn zum Beispiel Röntgen- oder Ultraschall-Untersuchungen nicht durchgeführt werden könnten. „Die Einweisung in die ZNA dient dann meist der Ausschlussdiagnostik und hat nicht das Ziel der stationären Aufnahme“, weiß Studienleiter Gries aus der Fülle der Datensätze. Selbst durch den Notarzt eingewiesene Patienten könnten in fast 30 Prozent der Fälle die ZNA nach einer Abklärung durch das Team vor Ort wieder verlassen.

Bessere Patientensteuerung und Ausstattung in der Notfallversorgung sind zwingend nötig

Die Notaufnahmen in ganz Deutschland brauchen dringend Entlastung. So unterstreicht die hohe Zahl der aus der ZNA wieder entlassenen Patienten, dass die Trennung der Patientenversorgung zwischen ambulant und stationär dringend einer Reform bedarf! Bei alternativen ambulante Versorgungsangeboten muss eine gute Steuerung der Patienten zwischen diesen Einrichtungen und den Zentralen Notaufnahmen erfolgen. Denn bereits im Sommer waren viele Notaufnahmen überlastet. Jetzt stehen Herbst und Winter vor der Tür und treiben die Zahl der Patienten nachweislich weiter in die Höhe.

„Wir müssen also genau definieren, was im niedergelassenen Bereich in puncto Notfallversorgung geleistet und entsprechend vorgehalten werden soll. Parallel müssen wir erfassen, welche Ressourcen wir haben“, sagt Prof. André Gries. Die Überlastung der ZNAs liegt in seinen Augen vor allem an der räumlichen und personellen Ausstattung: „Wir benötigen eine entsprechende Finanzierung bzw. eine Verschiebung der finanziellen Mittel. Wenn wir die Notfallversorgung neu denken und zum Beispiel den Vorschlag des Sachverständigenrats 2018 aufgreifen würden sogenannte Notfall-Zentren zu entwickeln, dann könnte man die Notaufnahmen auch so ausstatten, dass sie alle akuten Patienten adäquat behandeln können – unabhängig davon, ob sie anschließend wieder nach Hause gehen oder nicht.“

Ansprechpartnerin für Journalisten:

Nina Meckel
Pressesprecherin der DIVI

presse@divi.de
Tel +49 (0)89 230 69 60 21

www.divi.de/presse

Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI)

Die 1977 gegründete Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) ist ein weltweit einzigartiger Zusammenschluss von mehr als 3.500 persönlichen Mitgliedern und 19 Fachgesellschaften aus Anästhesiologie, Chirurgie, Innerer Medizin, Kinder- und Jugendmedizin sowie Neurologie und Neurochirurgie. Ihre fächer- und berufsübergreifende Zusammenarbeit und ihr Wissensaustausch machen im Alltag den Erfolg der Intensiv- und Notfallmedizin aus.
Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24.12.1953 und ist damit ein nicht-wirtschaftlicher Verein gemäß § 21 ff BGB.

Mehr über die DIVI im Internet: www.divi.de


Weitere Informationen:

https://www.divi.de/presse/pressemeldungen/pm-veroeffentlichung-im-aerzteblatt-s…


Bilder

Prof. Dr. André Gries

Prof. Dr. André Gries
Stefan Straube


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW