Wie der Körper das Lungengewebe nach einer viralen Lungenentzündung repariert



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12.01.2024 10:37

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Wie der Körper das Lungengewebe nach einer viralen Lungenentzündung repariert

Internationales Forschungsteam unter Federführung der Gießener Lungenforschung entdeckt neuen Reparaturmechanismus mit therapeutischem Potenzial – Veröffentlichung in „Nature Communications“

Wie repariert der Körper Schäden des Lungengewebes nach einer viralen Lungenentzündung und wie lassen sich diese Prozesse therapeutisch beeinflussen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein internationales Forschungsteam unter Federführung der Gießener Lungen- und Infektionsforscherin Prof. Dr. Susanne Herold, Professur für Innere Medizin, Infektiologie und experimentelle Pneumologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU). Infektionen mit Atemwegsviren wie Influenza-Viren, den Auslösern der Virusgrippe, RS-Viren oder Coronaviren können eine virale Lungenentzündung auslösen, die im schlimmsten Fall zum Lungenversagen führt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten nun ein Protein identifizieren, das die Lungenschädigung durch Influenza-Viren mildert und therapeutisches Potenzial besitzen könnte. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht worden.

Mit einer schweren Lungenentzündung ist ein rascher Rückgang des Gasaustauschs in der Lunge verbunden, so dass eine schnelle Regeneration des geschädigten Lungengewebes vonnöten ist. Eine wichtige Rolle bei der Reparatur von entzündungsbedingten Lungenschäden spielen Makrophagen, auch Fresszellen genannt. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil in den Prozessen der Immunabwehr und sorgen unter anderem dafür, dass Erreger im Körper abgebaut werden. Dabei unterscheidet man zwischen ortsunabhängigen Makrophagen, die bei Bedarf über das Blut zum Einsatzort gelangen, und „sesshaften“ Gewebsmakrophagen, die an ein spezifisches Gewebe gebunden sind, wie die Alveolarmakrophagen in der Lunge. Gewebeansässige Alveolarmakrophagen sind langlebige Zellen in den Lungenbläschen (Alveolen), wo der Gasaustausch zwischen Blut und Atemluft stattfindet. Hier sorgen sie für stabile Verhältnisse im Lungengewebe (Gewebehomöostase) und sind an der unmittelbaren Abwehr von Erregern beteiligt. Mehrere Studien haben gezeigt, dass Alveolarmakrophagen bei einer viralen Lungenentzündung dezimiert und im Verlauf der Infektion allmählich durch aus dem Knochenmark stammende, mobile Makrophagen ersetzt werden. Diese verwandeln sich in der entzündeten Lunge zu Alveolarmakrophagen.

Das Forschungsteam hat herausgefunden, dass während des Transformationsprozesses der mobilen Makrophagen zu Alveolarmakrophagen in hohem Maße das Protein Plet1 produziert wird. Plet1 erfüllt eine wichtige Funktion für die Lungenreparatur, indem es die Vermehrung von Alveolarepithelzellen – spezialisierte Zellen, die die Lungenbläschen auskleiden – und die Wiederversiegelung dieser Zellschichtbarriere induziert. Diese positiven Auswirkungen ließen sich auch von außen herbeiführen: Die Verabreichung von Plet1 milderte im präklinischen Modell die virale Lungenschädigung und führte zu einer deutlich schnelleren Erholung nach einer schweren Infektion, die ansonsten tödlich verläuft. „Wir haben erstmals einen Faktor identifiziert, der die Reparatur der geschädigten Lunge direkt vermittelt. Dieser Befund unterstreicht das therapeutische Potenzial von Plet1 zur Bekämpfung schwerer Lungenschäden bei einer viralen Lungenentzündung, und möglicherweise auch bei anderen Formen des akuten oder chronischen Lungenversagens“, so Prof. Herold.

An der Studie beteiligt waren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Einrichtungen der Gießener Infektions- und Lungenforschung – Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) am Standort Gießen, Universities of Giessen and Marburg Lung Center (UGMLC), Deutsches Zentrum für Lungenforschung (DZL), Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), Institut für Lungengesundheit (ILH), Herz-Lunge-Exzellenzcluster Cardiopulmonary Institute (CPI), der Universitäten Heidelberg und Bonn, des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim sowie des Instituto de Investigación en Biomedicina de Buenos Aires (IBioBA) in Buenos Aires (Argentinien).


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Susanne Herold, Ph.D.
Professur für Innere Medizin, Infektiologie und experimentelle Pneumologie
Telefon: 0641 985-57061
E-Mail: Susanne.Herold@innere.med.uni-giessen.de


Originalpublikation:

Pervizaj-Oruqaj, L., Selvakumar, B., Ferrero, M.R. et al. Alveolar macrophage-expressed Plet1 is a driver of lung epithelial repair after viral pneumonia. Nat Commun 15, 87 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-023-44421-6


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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Kooperationen
Deutsch


 

Quelle: IDW