Wirkung elektrischer Hirnstimulation besser voraussagen

Wirkung elektrischer Hirnstimulation besser voraussagen


Teilen: 

04.12.2019 16:02

Wirkung elektrischer Hirnstimulation besser voraussagen

Eine Studie der Universität Oldenburg zeigt, dass individuelle anatomische Unterschiede eine große dabei Rolle spielen, wie elektrische Hirnstimulation wirkt

Patienten mit Schizophrenie oder Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) könnten von ihr profitieren: Die elektrische Hirnstimulation gilt als vielversprechende Methode, um neurologische und psychiatrische Erkrankungen zu behandeln – aber auch, um die Wirkungsweise des Gehirns besser zu verstehen. Nun hat ein Oldenburger Forscherteam um die Psychologen Prof. Dr. Christoph Herrmann und Dr. Florian Kasten herausgefunden, wie sich die Wirkung des Verfahrens bei einzelnen Patienten besser vorhersagen lässt. „Das Ergebnis ist ein Meilenstein auf dem Weg zur zukünftigen therapeutischen Anwendung der Methode“, sagt Herrmann, der an der Universität Oldenburg die Abteilung Allgemeine Psychologie leitet. Die Forscher stellen ihre Studie jetzt in der Zeitschrift Nature Communications vor.

Die elektrische Hirnstimulation soll Nervenzellen in bestimmten Arealen des Gehirns entweder zu verstärkter Aktivität anregen oder ihre Aktivität hemmen. Dafür werden Elektroden an der Kopfhaut angebracht, die schwache elektrische Gleichströme oder Wechselströme erzeugen. Mit der sogenannten transkraniellen Wechselstromstimulation können beispielsweise Stärke und Frequenz der elektrischen Hirnaktivität beeinflusst werden. Ziel der Behandlung ist es meist, die Aktivität erkrankter Hirnregionen zu normalisieren. „Bislang waren die Effekte der Hirnstimulation aber meist relativ schwach und sehr variabel“, berichtet Kasten. Kritiker stellten die Wirksamkeit des Verfahrens daher generell in Frage.

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Das Team um Herrmann und Kasten hat nun untersucht, welchen Einfluss individuelle anatomische Unterschiede auf die Wirkung der elektrischen Hirnstimulation haben. Dafür fertigten sie von 40 Probanden zunächst strukturelle Bilder des Gehirns mithilfe des Magnetresonanztomographen (MRT) der Universität an. So konnten sie Karten des individuellen Stromflusses durch das Gehirn berechnen. Außerdem stellten sie mit der sogenannten Magnetoenzephalographie (MEG) Karten der Hirnaktivität der Probanden her. Dieses Verfahren misst die schwache magnetische Aktivität des Gehirns durch einige hundert äußere Sensoren.

20 der Probanden erhielten eine zwanzigminütige Hirnstimulation, 20 weitere Probanden nur eine Scheinbehandlung. Das Team fand heraus, dass die Hirnstimulation dann eine starke Wirkung erzielt, wenn sich die berechnete Karte des Stromflusses im Gehirn und die Karte der Hirnaktivität bei einer Versuchsperson stark gleichen. Wenn es weniger Zusammenhänge zwischen beiden gibt, wirkt sich die Hirnstimulation entsprechend schwächer aus. Die Resultate erlauben es den Forschern nun, die Effekte der Hirnstimulation besser als bisher vorauszusagen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Christoph Herrmann, Tel.: 0441/798-4936, E-Mail: christoph.herrmann@uni-oldenburg.de


Originalpublikation:

Florian Kasten, Katharina Duecker, Marike Maack, Arnd Meiser & Christoph Herrmann: „Integrating electric field modeling and neuroimaging to explain inter-individual variability of tACS effects“, Nature Communications 10, 5427 (2019), doi.org/10.1038/s41467-019-13417-6


Weitere Informationen:

http://uol.de/neuroimaging
http://uol.de/allgemeine-psychologie
http://www.nature.com/articles/s41467-019-13417-6


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW