Zellwachstum: Verflochtenes Netzwerk möglicher neuer Regulationsmechanismen entschlüsselt

Zellwachstum: Verflochtenes Netzwerk möglicher neuer Regulationsmechanismen entschlüsselt


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10.01.2020 09:00

Zellwachstum: Verflochtenes Netzwerk möglicher neuer Regulationsmechanismen entschlüsselt

Veröffentlichung in Structure

Ob eine Zelle wächst, sich teilt oder stirbt, wird unter anderem über Rezeptoren gesteuert, an die Botenstoffe von außen andocken. Ein Forschungsteam von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und vom Forschungszentrum Jülich (FZJ) hat zusammen mit Partnern der Universität Bonn den wichtigen EGF-Rezeptor näher untersucht. Bei diesem konnte eine bislang unzureichend verstandene Schnittstelle näher charakterisiert werden. Wie sie funktioniert und welche Stoffe mit ihr wechselwirken können, beschreiben die Autoren um Dr. Manuel Etzkorn (HHU/FZJ) und Prof. Dr. Michael Famulok (Bonn) nun in der Titelgeschichte der Cell Press Fachzeitschrift Structure.

Das Zellwachstum wird unter anderem durch Proteine in der Zellmembran gesteuert. Sogenannte EGF-Rezeptoren (EGF steht für Epidermal Growth Factor) bilden dabei eine zentrale Schnittstelle zwischen der Zelle und ihrer Umgebung. Deshalb sind Störungen in diesem System eine häufige Ursache für Krebserkrankungen, bei denen es zu einem fehlerhaft kontrollierten Zellwachstum kommt.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Viele Medikamente wirken direkt auf die EGF-Rezeptoren ein. Deren Wirkungsmechanismen konzentrieren sich auf zwei Schlüsselbereiche: Zum einen auf die Sensoreinheit, welche aus der Zelle ragt und direkt mit Botenstoffen interagiert, die von außen an die Zelle gelangen. Zum anderen auf die in die Zelle ragende sogenannte Kinase-Einheit, welche das Signal weiterleitet. Bei bestimmten Krebserkrankungen haben sich aber bereits Resistenzen gegen Wirkstoffe entwickelt, die auf diese beiden Bereiche zielen.

Der EGF-Rezeptor besteht zusätzlich noch aus einer weiteren Einheit: dem sogenannten Juxtamembrane (JM)-Segment zwischen dem äußeren Sensor und der Kinase. Es ist bekannt, dass Moleküle auch mit diesem Segment interagieren und dadurch die Signalweiterleitung beeinflussen können. Doch kennt man bislang nur sehr wenige Interaktionspartner. Ebenfalls ist unklar, wie diese Interaktionen genau aussehen.

Forscher der HHU und des FZJ sowie der Universität Bonn identifizierten nun ein Netzwerk von Interaktionspartnern des JM-Segments. Sie gewannen außerdem hochaufgelöste Einblicke in die molekulare Architektur, welche der Interaktion zugrunde liegt. Damit kann nun auch der dritte Bereich des Rezeptors für die Entwicklung neuer Wirkstoffe an Bedeutung gewinnen. Insbesondere ergibt dies einen neuen Ansatz bei Krebserkrankungen, die Resistenzen auf aktuelle Wirkstoffe entwickelt haben.

„Bei unseren Forschungsergebnissen handelt sich zunächst um Grundlagenforschung; sie zeigen unter definierten Laborbedingungen neue Möglichkeiten der Einflussnahme auf das EGF-Rezeptorsystem. Damit öffnen wir zwar die Tür zur Entwicklung neuer Medikamente – der Weg für eine neue Therapie wird aber noch sehr lang sein“, sagt Dr. Manuel Etzkorn vom Biomolekularen-NMR-Zentrum, das gemeinsam durch das Institut für Physikalische Biologie der HHU sowie das Institute of Complex Systems am FZJ betrieben wird. Sein Team konzentrierte sich bei der nun veröffentlichten Studie auf die Aufklärung der strukturbiologischen Aspekte. Die beteiligten Bonner Kollegen um Prof. Dr. Michael Famulok vom LIMES-Institut und Forschungszentrum caesar initiierten das Projekt und führten die biochemische und molekularbiologische Charakterisierung der untersuchten Systeme durch.

Die Arbeiten wurden durch die Europäische Union und die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert.


Originalpublikation:

Aldino Viegas, Dongsheng M. Yin, Jan Borggräfe, Thibault Viennet, Marcel Falke, Anton Schmitz, Michael Famulok, and Manuel Etzkorn, Molecular Architecture of a Network of Potential Intracellular EGFR Modulators: ARNO, CaM, Phospholipids, and the Juxtamembrane Segment, Structure 28, January 7, 2020

DOI: 10.1016/j.str.2019.11.001


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


Quelle: IDW