Dem HIV-Lebenszyklus auf der Spur



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28.03.2022 17:06

Dem HIV-Lebenszyklus auf der Spur

HIRI-Forscher:innen suchen nach neuen antiviralen Therapien

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Das Coronavirus SARS-CoV-2 hat eine andere weltumspannende Seuche zuletzt medial in den Schatten gestellt: HIV/AIDS. Nach Angaben von UNAIDS, einer Initiative der Vereinten Nationen, sind zurzeit weltweit rund 38 Millionen Menschen mit HIV infiziert. Beinahe ebenso viele Betroffene sind seit Ausbruch der HIV-Pandemie in den 80er-Jahren an den Folgen einer AIDS-Erkrankung gestorben. Auf der Suche nach neuen Ansätzen für antivirale Therapien haben Wissenschaftler:innen des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) in Würzburg und des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin jetzt eine neue Technologie entwickelt, mit deren Hilfe Schlüsselstadien des HIV-Lebenszyklus analysiert und beeinflusst werden können. Ihre Erkenntnisse wurden heute im Fachmagazin Nature Structural and Molecular Biology veröffentlicht.

Schlüsselstadien im Lebenszyklus eines Virus können zentrale Angriffspunkte für Medikamente und Therapien sein. Ziel der Grundlagenforschung ist es daher, diese Prozesse auf molekularer Ebene zu verstehen und beeinflussen zu können. Ein besonderes Merkmal des HI-Virus ist es, dass es zwei Kopien seines Erbguts enthält. Während einer Infektion werden diese in einem Dimerisierung genannten Vorgang miteinander verbunden, um daraus ein neues Viruspartikel herzustellen. Außerdem wird die Dimerisierung damit in Verbindung gebracht, dass ein neu produziertes Viruspartikel in einer Proteinhülle verpackt wird. Erst dadurch entsteht ein vollständiges, infektiöses neues Teilchen, und das Virus hat sich erfolgreich vermehrt (repliziert).

Anordnung der RNA entscheidend

Im Fachmagazin Nature Structural and Molecular Biology beschreiben Forscher:innen des Würzburger Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) – einer Einrichtung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig in Kooperation mit der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg – sowie des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin jetzt eine neuartige Technologie, mit deren Hilfe sie diese Prozesse genau untersuchen können. Genannt FARS-seq (von engl. Functional Analysis of RNA Structure), hilft ihre Methode, Regionen des HIV-1-Genoms zu identifizieren, die für die Dimerisierung und Produktion der Virenhülle wichtig sind.

„Die Idee, dass die Dimerisierung eine Voraussetzung für die Verpackung des Virus vom Typ HIV-1 ist, besteht schon seit langem in der Forschung. Die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen waren bislang jedoch unklar. Unsere Studie liefert diese Details in hoher Auflösung, sodass ein gezieltes Eingreifen möglich wird“, erläutert Juniorprofessor Redmond Smyth, Initiator der Studie und Forschungsgruppenleiter am HIRI.

Liqing Ye forscht am HIRI im Labor von Smyth und ist Erstautorin der aktuellen Studie. Sie ergänzt: „Wir konnten zeigen, dass das HIV-1-Erbgut zwei verschiedene RNA-Konformationen aufweist. Nur eine davon hat die Merkmale, die es braucht, um die Virushülle herzustellen. Bei der zweiten Anordnung verbleibt die RNA in der Wirtszelle und produziert dort neue virale Proteine. Diese beiden Konformationen wirken daher wie ein molekularer Schalter, der das Schicksal der viralen RNA und damit der Virusreplikation lenkt.“

Die Wissenschaftler:innen haben Sequenzen mit einer Auflösung von einem Nukleotid identifiziert, die das Gleichgewicht zwischen diesen beiden RNA-Konformationen regulieren. Ihre Studie verdeutlicht, wie die Bindung viraler Faktoren an diese Regionen genutzt werden kann, um den Zusammenbau des Virus gezielt zu steuern oder zu stören.

„Wir hoffen, diese neuen Erkenntnisse für RNA-basierte antiretrovirale Medikamente oder verbesserte Gentherapievektoren nutzen zu können“, sagt Redmond Smyth vom Würzburger Helmholtz-Institut. In Folgestudien wolle man jetzt untersuchen, ob die Beobachtungen auch bei anderen Stämmen des HI-Virus Bestand haben.

Über HIV
Das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) zählt zur großen Familie der Retroviren. Diese sind behüllt und ihre Erbinformation besteht aus Ribonukleinsäuren (RNA, von engl. ribonucleic acid). Charakteristisch für Retroviren wie HIV ist es, dass die viralen Partikel jeweils aus zwei Kopien des RNA-Genoms bestehen. Bislang sind zwei Virustypen bekannt, die den Menschen infizieren: HIV-1 und HIV-2. Die vorliegende Studie befasst sich mit HIV-1 – der Variante, die mehr als 90 Prozent aller Infektionen ausmacht.

Diese Pressemitteilung finden Sie auch auf unserer Homepage unter dem Link https://www.helmholtz-hzi.de/de/aktuelles/news/news-detail/article/complete/dem-…

Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen Wissenschaftler die Mechanismen von Infektionen und ihrer Abwehr. Was Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern macht: Das zu verstehen soll den Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe liefern. Das HZI ist Mitglied im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF).Weitere Informationen: http://www.helmholtz-hzi.de

Das Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung:
Das Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) wurde im Mai 2017 als gemeinsame Einrichtung des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) gegründet. Mit Sitz auf dem Campus des Würzburger Uniklinikums widmet sich das HIRI als weltweit erstes Institut seiner Art der Rolle von Ribonukleinsäuren (RNAs) in Infektionsprozessen. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden in einem integrativen Forschungsansatz neue Therapieansätze entwickelt und diese durch Entwicklung pharmazeutischer Anwendungsformen klinisch anwendbar gemacht. http://www.helmholtz-hiri.de

Ihre Ansprechpartnerin am HIRI:
Dr. Britta Grigull
Presse & Öffentlichkeitsarbeit
+49 (0)931-31-81801
britta.grigull@helmholtz-hiri.de


Originalpublikation:

Short and long-range interactions in the HIV-1 5’UTR regulate genome dimerization and packaging. Ye L, Gribling-Burrer AS, Bohn P, Kibe A, Börtlein C, Ambi UB, Ahmad S, Olguín-Nava M, Smith M, Caliskan N, von Kleist M, Smyth RP (2022). Nature Structural and Molecular Biology. DOI: 10.1038/s41594-022-00746-2


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW