Geschlechterbestimmung durch Genomeditierung bei Schweinen gelungen



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07.01.2021 11:43

Geschlechterbestimmung durch Genomeditierung bei Schweinen gelungen

Studie zeigt Alternative zur Ferkel- und Immunokastration auf

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Am Institut für Nutztiergenetik des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) ist es gelungen, Schweine genetisch so zu modifizieren, dass sie trotz eines männlichen Chromosomensatzes weibliche Geschlechtsmerkmale ausbilden. Dies könnte eine zukünftige Alternative zur Ferkelkastration darstellen, die dem für manche Menschen unangenehmen „Ebergeruch“ des Fleisches unkastrierter männlicher Mastschweine vorbeugen soll.

Die im renommierten Wissenschaftsjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ (PNAS) veröffentlichte Studie beschreibt die Generierung genveränderter Schweine, bei denen eine bestimmte Region des Y-Chromosoms ausgeschaltet wurde. Es handelt sich dabei um die „High Mobility Group (HMG) Domäne“, eine zentrale Einheit innerhalb des SRY-Gens, der eine Schlüsselrolle bei der frühembryonalen Geschlechtsbestimmung zukommt. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Björn Petersen verwendete Stefanie Kurtz im Rahmen ihrer PhD-Arbeit das CRISPR/Cas-System, um diese HMG-Domäne auszuschalten. Dies führte zu Schweinen, die einen männlichen Chromosomensatz tragen, aber weibliche Geschlechtsmerkmale aufweisen.

Hierbei zeigte sich, dass die Geschlechtsorgane bei genetisch veränderten neun Monate alten Schweinen im Vergleich zu gleichaltrigen weiblichen Kontrolltieren signifikant kleiner blieben und die Tiere unfruchtbar waren, was die Beteiligung weiterer Gene an der Ausdifferenzierung der Geschlechtsorgane nahelegt. „Die Ergebnisse könnten die Grundlage für eine mögliche Alternative zur chirurgischen Kastration bei der kommerziellen Schweineproduktion zur Verhinderung des Ebergeruchs darstellen. Zudem stellen die Tiere aufgrund der genetischen, physiologischen und anatomischen Ähnlichkeiten zwischen Schweinen und Menschen ein neuartiges Großtiermodell zur Untersuchung der Geschlechterausbildung dar, was neue Forschungsansätze damit verbundener Entwicklungsstörungen auch beim Menschen ermöglicht“, so Dr. Björn Petersen.

In Mäusen konnte bereits gezeigt werden, dass SRY eine wichtige Rolle bei der Ausbildung des männlichen Geschlechts spielt. Es war aber bisher nicht bekannt, welche Bereiche der SRY-Region für die Geschlechtsdeterminierung verantwortlich sind und ob dies auch für andere Säugetiere zutrifft.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Björn Petersen
Institut für Nutztiergenetik des FLI
Telefon: 038351 7-1244/1894
Mail: presse@fli.de


Originalpublikation:

Studie
Stefanie Kurtz et al. Knockout of the porcine SRY gene causes sex reversal in gene-edited pigs. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS)

DOI: https://doi.org/10.1073/pnas.2008743118


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW