Wie das Coronavirus die Lunge schädigt

Wie das Coronavirus die Lunge schädigt


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22.05.2020 07:42

Wie das Coronavirus die Lunge schädigt

Internationales Team um MHH-Forschungsgruppe weist Veränderungen im Lungengewebe durch SARS-CoV-2 nach / Veröffentlichung im New England Journal of Medicine

Eine Infektion mit dem Coronavirus kann ebenso wie eine schwere Grippe die Atemwege massiv schädigen und zu einem tödlichen Lungenversagen führen. Welche molekularen Veränderungen SARS-CoV-2 im Lungengewebe von Patientinnen und Patienten genau auslöst und wie sich diese von den Schäden durch das Influenzavirus unterscheiden, ist bislang jedoch kaum bekannt. Um die Krankheitsprozesse besser zu verstehen, hat jetzt ein internationales Forschungsteam aus Deutschland, den USA, Belgien und der Schweiz unter der Leitung von Professor Dr. Danny Jonigk, Lungenspezialist am Institut für Pathologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), Lungen von an COVID-19 Verstorbenen untersucht und mit denen von an Grippe (Influenza) Verstorbenen verglichen. „Die Studie verbessert unser Verständnis, warum die Lungenfunktion bei SARS-CoV-2-Infizierten mit schweren Krankheitsverläufen so stark beeinträchtigt ist“, betont Professor Jonigk. Die Ergebnisse der Untersuchung mit dem Titel „Pulmonary Vascular Endothelialitis, Thrombosis and Angiogenesis in COVID-19“ hat jetzt die renommierten Fachzeitschrift „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht.

Mikrothromben verstopfen die feinsten Gefäße

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Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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„Wir haben die Gewebeproben erstmals synergistisch mit einem sehr breiten Methodenspektrum von Mikro-Computertomografie, 3D-Elektronenmikroskopen und verschiedenen molekularbiologischen Methoden untersucht, um die Wege von SARS-CoV-2 aufzuspüren“, sagt Professor Jonigk. Dabei konnten die Wissenschaftler zunächst das bereits bekannte akute Schadensmuster in der Lunge von COVID-19- Patienten nachweisen, den sogenannten diffusen Alveolarschaden. Dieser liegt vor, wenn sich die Wände der Lungenbläschen entzünden, flächenhaft von Eiweißablagerungen bedeckt werden und so die Sauerstoffzufuhr in das Blut erschweren. „Wir haben außerdem eine massive Anzahl von Blutgerinnseln in allen Abschnitten der Blutgefäße in der Lunge gefunden, vor allem aber in den feinsten Gefäßen, den Kapillaren“, sagt der Pathologe. „Diese Mikrothromben verstopfen die feinen Lungengefäße und vergrößern so zusätzlich die Atemnot des Patienten.“ Das Phänomen gebe es zwar auch in schwer geschädigten Lungen nach Influenza-Infektionen, aber die Anzahl dieser kleinen Verstopfungen sei bei Grippetoten wesentlich geringer.

Besonders auffällig ist zudem ein Befund, den Mediziner ansonsten vorrangig nur von Tumorerkrankungen, Autoimmunkrankheiten oder Vernarbungsprozessen kennen: SARS-CoV-2 löst offenbar eine besondere Form von Gefäßneubildungen in der Lunge aus. „Diese sogenannte intussuszeptive Neoangiogenese ist bisher im Rahmen des diffusen Alveolarschadens noch nicht beschrieben worden und unterscheidet COVID-19 grundlegend von vergleichbar schweren Lungeninfektionen durch Influenzaviren“, betont Professor Jonigk und fasst zusammen: „Die drei in unserer Studie erstmals umfassend beschriebenen Veränderungen innerhalb der Lunge bei SARS-CoV-2-Infektionen sind die massive Blutgefäßschädigung, die überschießende Blutgerinnung mit Verstopfung der feinsten Lungengefäße und die für COVID-19 charakteristische Gefäßneubildung.“

Die Ergebnisse der Studie bewertet der Pathologe als weiteres Puzzleteil zu einer Entschlüsselung von COVID-19. Gelöst sei das Rätsel um das Coronavirus aber noch lange nicht. Weitere Studien seien erforderlich, um die Mechanismen der Gefäßveränderungen zu verstehen und letztlich in therapeutische Ansätze umzumünzen.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Professor Dr. Danny Jonigk,Telefon (0511) 532-9532, AG-Lungenforschung@mh-hannover.de


Originalpublikation:

https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa2015432


Weitere Informationen:

https://corona.mhh.de/ Hier finden Sie ein Video-Interview.
http://www.intussusception.org


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW