Wie wehrt der Körper Atemwegserkrankungen ab? Forscherteam entdeckt neuen Mechanismus



Teilen: 

03.08.2023 15:28

Literature advertisement

Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Wie wehrt der Körper Atemwegserkrankungen ab? Forscherteam entdeckt neuen Mechanismus

Wenn Viren oder Bakterien die Atemwege besiedeln, versucht der Körper diese durch Abhusten von Schleim wieder loszuwerden. Diese natürliche Abwehrreaktion ist bei bestimmten Atemwegserkrankungen wie der Mukoviszidose oder COPD gestört. Ein Forscherkonsortium der Universität des Saarlandes und der Universität Gießen hat nun einen grundlegenden Mechanismus entdeckt, der erklärt, wie diese Immunreaktion überhaupt in Gang gesetzt wird. Dies kann helfen, wirksamere Therapien zu entwickeln. Die Studie wurde in dem renommierten Fachmagazin „Science Advances“ veröffentlicht.

Wenn sich Krankheitserreger in den unteren Atemwegen festsetzen, ist das meist der Anfang schwerer Lungenerkrankungen. Damit es nicht so weit kommt, bilden die Atemwege Schleim, um Viren und Bakterien von den Zelloberflächen zu lösen und aus dem Körper zu transportieren. „Bei diesem angeborenen Reinigungsmechanismus helfen Flimmerzellen mit, deren winzige Härchen sich wie Wimpern bewegen und damit die Schleimschicht in Bewegung setzen“, erklärt Frank Zufall, Professor für Physiologie der Universität des Saarlandes. Bisher hatte man noch nicht vollständig verstanden, wie diese Abwehrreaktion ausgelöst wird. „Bestimmte Immunzellen in der Schleimhaut der Luftröhre können den Botenstoff Succinat nach bakterieller Infektion produzieren. Wir haben entdeckt, dass diese Signalsubstanz die sogenannten Bürstenzellen in der Luftröhre aktiviert, die dann eine weitere Welle von Signalen über die gesamte Zelloberfläche der Luftröhre auslösen. Darüber wird gesteuert, dass mehr Schleim produziert wird, der die passende Viskosität hat, um die Krankheitserreger nach außen zu befördern“, erläutert der Homburger Medizin-Professor.

Von dem Botenstoff Succinat wusste man bisher, dass er in der Darmflora vorkommt und dort direkt von Bakterien produziert werden kann. „Dies ist in der Luftröhre offenkundig nicht der Fall, dort stimulieren wohl die Mitochondrien der Immunzellen (Makrophagen) die Produktion, um dann Succinat als eine Art Gefahrensignal freizusetzen“, sagt Frank Zufall. Bisher wurden diese Mechanismen hauptsächlich im Zellgewebe von Mäusen nachgewiesen. Bestimmte Indizien sprechen aber bereits dafür, dass der Prozess im menschlichen Körper auf ähnliche Weise abläuft. Dies muss nun in weiteren Studien noch belegt werden. „Wir gehen davon aus, dass wir einen grundlegenden Mechanismus entdeckt haben, wie die so genannte Chloridsekretion gesteuert wird. Diese ist maßgeblich dafür verantwortlich, wie dünnflüssig oder zähflüssig die Schleimschicht in den Atemwegen ist. Entsprechend gut oder schlecht funktioniert die Abwehr von Krankheitserregern“, erklärt Frank Zufall. Er hofft, dass diese grundlegenden Erkenntnisse dazu beitragen, bessere Medikamente und Therapien für Atemwegserkrankungen zu entwickeln.

Zum Forscherkonsortium der Publikation im Fachmagazin „Science Advances“ gehören Professor Frank Zufall, Professorin Trese Leinders-Zufall und Dr. Brett Boonen von der Fachrichtung Physiologie sowie Professor Ulrich Boehm vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie an der Universität des Saarlandes. Zudem waren Professor Wolfgang Kummer und Dr. Alexander Perniss und ihr Team von der Justus-Liebig-Universität Gießen maßgeblich beteiligt sowie Forscherinnen und Forscher vom Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung Bad Nauheim, der Philipps-Universität Marburg, der Universität Augsburg und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

Die aktuelle Arbeit wurde unter anderem von dem Transregio-Sonderforschungsbereich 152 („Steuerung der Körperhomöostase durch TRP-Kanal-Module“) gefördert. Dieser befindet sich in der dritten und damit letzten vierjährigen Förderperiode, die noch bis 2026 dauert.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Frank Zufall
Lehrstuhl für Physiologie der Universität des Saarlandes
E-Mail: frank.zufall@uks.eu
Tel.: 06841 16-16351


Originalpublikation:

Alexander Perniss, Brett Boonen et al.: A succinate/SUCNR1-brush cell defense program in the tracheal epithelium,
in: “Science Advances”, DOI: 10.1126/sciadv.adg8842


Weitere Informationen:

http://www.integrative-physiology.eu/molecular-neurobiology


Bilder

Frank Zufall, Physiologie-Professor der Universität des Saarlandes

Frank Zufall, Physiologie-Professor der Universität des Saarlandes
UKS
UKS


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW