Zerlegung von Molekülen in biofunktionale Einheiten



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25.03.2024 10:51

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

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Zerlegung von Molekülen in biofunktionale Einheiten

Die Struktur eines Moleküls ist grundlegend für seine Funktion in biologischen Organismen und die Identifizierung besonderer Atomgruppen und -anordnungen in Molekülen spielt in der medizinischen Wirkstoffforschung eine zentrale Rolle. In geeigneter Kombination können sie zu bestimmten medizinisch erwünschten Wirkungen führen. Die systematische Suche nach diesen biofunktionalen Moleküleinheiten in großen Strukturdatenbanken wird durch computergestützte Verfahren ermöglicht. Hier setzt die Doktorarbeit von Jonas Schaub an: Die strukturelle Erkundung chemischer Räume durch computergestützte Molekülfragmentierung soll weiter standardisiert und die nötige Software offen zugänglich gemacht werden.

Recklinghausen/Jena. Jonas Schaub erlangte im kooperativen Promotionsverfahren zwischen der Westfälischen Hochschule (WH) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena im August 2023 seinen Doktortitel mit „summa cum laude“ – der höchsten Auszeichnungsstufe einer Dissertation in deutschsprachigen Ländern. Seine Dissertation trägt den Titel „Development and implementation of in silico molecule fragmentation algorithms for the cheminformatics analysis of natural product spaces“ und befasst sich mit der Entwicklung und Implementierung von Algorithmen zur computergestützten Zerlegung von Molekülen. Sein Fokus lag dabei auf den sogenannten Naturstoffen. Diese evolutionär optimierten chemischen Verbindungen spielen in lebenden Organismen eine wesentliche Rolle für Funktionen wie Kommunikation und Verteidigung und sind daher für die Entwicklung von Arzneimitteln von großem Interesse. Durch die Erforschung des chemischen Naturstoffraumes wird versucht, die spezifischen Strukturen und Eigenschaften der Naturstoffe zu bestimmen, um sie auf die Entwicklung neuer Wirkstoffe zu übertragen.

Gemeinsam mit seinem Forschungsteam hat Schaub im Rahmen seiner Promotion verschiedene Algorithmen zur Molekülfragmentierung entwickelt: So ist es den Forschenden unter anderem gelungen, einen ersten algorithmischen Ansatz für die computergestützte Identifizierung und Entfernung von Zuckereinheiten zur Untersuchung von Aglykonen (=Kernstrukturen organischer chemischer Verbindungen ohne maskierende Zuckereinheiten) zu entwickeln. Bisher wurde diese Vorverarbeitung in der Regel mit unveröffentlichten internen Softwareroutinen durchgeführt und nicht mit einer systematischen oder standardisierten offenen Methodik. Der entwickelte Algorithmus wurde quelloffen als eigenständige Java-Bibliothek auf der Basis der chemoinformatischen Programmierbibliothek Chemistry Development Kit (CDK) implementiert und ist für Forschende frei verfügbar. Ein weiteres Ergebnis der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe, der Jonas Schaub angehörte, war die Entwicklung einer ebenfalls quelloffenen Endnutzeranwendung namens MORTAR (MOlecule fRagmenTAtion fRamework). Diese ermöglicht die spezifische computergestützte Zerlegung ganzer Molekülbibliotheken und bietet umfangreiche Visualisierungs- und Analyseoptionen einzelner Verbindungen oder ganzer Verbindungssätze an. Auch diese Software ist als freie Ressource für Forschung und Entwicklung zugänglich. Schaubs Schwerpunkt lag auf der offenen Bereitstellung der verschiedenen Anwendungen und der dazugehörigen Daten. „Ein Teil der von uns genutzten Methoden wurde schon vorher entwickelt und veröffentlicht. Wir hatten allerdings viel mit Software zu kämpfen, die entweder nicht mehr verfügbar oder eben nicht mit gängigen wissenschaftlichen Bibliotheken kompatibel war“, erklärt Schaub. Es sind aber auch neue Methoden entwickelt worden, etwa zur automatischen Identifizierung von Verbindungen gleicher homologer Serien in chemischen Datenbanken. Dieser Algorithmus kann z. B. in der Umweltanalytik bei der Identifizierung unbekannter Verbindungen, insbesondere synthetischen Ursprungs, in Umweltproben helfen.

Von der Corona-Pandemie blieb die gemeinsame Forschung weitestgehend unbeeinträchtigt, obwohl die gesamte Arbeitsgruppe wiederholt über längere Perioden hinweg komplett im Home-Office war. „Das digitale Arbeiten hat aufgrund der guten Beziehungen innerhalb des Teams und der technischen Voraussetzungen sehr gut funktioniert,“ erinnert sich Jonas Schaub an die Zeit des Lockdowns zurück. „Alles zusammen war diese Promotion eine Gruppenleistung und ich bin meinen Kolleginnen und Kollegen in Recklinghausen und Jena sehr dankbar für die fachliche Unterstützung, das professionelle Miteinander und die durchweg positive Arbeitsatmosphäre. Insbesondere möchte ich auch die Leistung und Qualität der von mir betreuten Bachelor- und Masterstudierenden hervorheben – auch ohne sie, wäre diese Doktorarbeit so nicht gelungen.“ Nach 3,5 Jahren Forschung legte Schaub im Januar 2023 seine Dissertation dem Rat der Chemisch-Geowissenschaftlichen Fakultät der Universität Jena vor. Erstgutachter war Prof. Dr. Christoph Steinbeck vom Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Nicht nur hat Jonas Schaub unglaublich viel aus seinem Forschungsthema herausgeholt, seine hohe fachliche Expertise und die Kompetenz, mit der er Themen vermitteln kann, hat mich und das ganze Forschungsteam nachhaltig beeindruckt. Es war wirklich eine tolle Erfahrung, bei seinen verschiedenen akademischen Stationen bis hin zur Verteidigung seiner Doktorarbeit als Wegbegleiter dabei zu sein,“ freut sich Prof. Dr. Achim Zielesny vom Fachbereich Ingenieur- und Naturwissenschaften der WH, der die Dissertation seitens der WH betreut hat.

2014 begann Jonas Schaub sein Bachelorstudium Molekulare Biologie am Recklinghäuser Fachbereich Ingenieur- und Naturwissenschaften. Während seines Studiums war er mehrere Jahre als Tutor am Fachbereich tätig. Für seine herausragenden Studienleistungen erhielt er 2017 den Studienpreis des Studiengangs sowie den Peter-Borggraefe-Preis für die beste Bachelorarbeit am Campus Recklinghausen. Sein Masterstudium der Molekularen Biologie an der Westfälischen Hochschule schloss er 2019 mit der Note 1,0 ab. Nach seinem Masterabschluss ging er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an das Institut für Anorganische und Analytische Chemie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, um dort weiter zu forschen. Bereits vor seiner Promotion war er an zwei wissenschaftlichen Publikationen beteiligt, während der Dissertation wurden fünf seiner Publikationen in führenden internationalen Fachjournalen veröffentlicht. Im Rahmen seiner Promotion hat der 28-Jährige gebürtige Gelsenkirchener zudem mehrere Bachelor- und Masterarbeiten an der Westfälischen Hochschule betreut. Jonas Schaub lebt in Jena und ist als Postdoktorand an der Universität Jena tätig.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institute for Inorganic and Analytical Chemistry
Telefon: +49-3641-948181
E-Mail: jonas.schaub@uni-jena.de


Originalpublikation:

10.22032/dbt.59051


Bilder


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch


 

Quelle: IDW