06.03.2019 14:01
Insulin stärkt die Darmbarriere und schützt vor Darmkrebs
Übergewicht fördert die Entstehung von Insulinresistenz und die Häufigkeit an Darmkrebs zu erkranken. Kölner Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung identifizieren eine neue Wirkungsweise des Insulinsignalweges in der Darmschleimhaut, der für die Aufrechterhaltung der Darmbarriere verantwortlich ist und den Zusammenhang von Insulinresistenz und Darmkrebs erklärt.
Über die Darmschleimhaut werden nicht nur Nährstoffe aufgenommen, sondern auch Krankheitserreger und Keime gelangen über das Essen in den Darm. Daher wirkt die äußerste Zellschicht der Darmschleimhaut, das Darmepithel, wie eine Barriere um das Eindringen von Krankheitserregern zu verhindern. Die Zellen sind unter anderem über sogenannte Desmosomen miteinander verknüpft, die wie Klettverschlüsse die Zellen eng verbinden.
Eine Zerstörung der Darmbarriere führt zum Eindringen von Bakterien, die zu starken Entzündungen und damit zu einer Begünstigung von Darmkrebs führen. „Bei Mäusen, die eine Fettdiät erhalten und übergewichtig sind, können wir den sogenannten ‚undichten Darm‘ beobachten“, erzählt Anna Lena Ostermann, die als Doktorandin in der Arbeitsgruppe von Thomas Wunderlich die Hauptarbeit an dieser Studie geleistet hat. Sie fügt hinzu: „Diese Mäuse entwickeln häufiger Darmkrebs als ihre dünnen Artgenossen.“
Plötzlich gesund
Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.
Eine Folge von Übergewicht ist die Insulinresistenz, bei der die Insulinrezeptoren nicht mehr auf Insulin reagieren. Das Hormon Insulin wird von der Bauchspeicheldrüse ausgeschüttet, wenn in Folge von Nahrungsaufnahme der Blutzucker steigt, um den Zellen zu signalisieren diesen aufzunehmen. Auch das Darmepithel besitzt Insulinrezeptoren, obwohl diese für die Aufnahme von Nahrung nicht großartig relevant sind.
Ostermann und Kollegen konnten nun zeigen, dass der Insulinsignalweg im Darmepithel die Aufrechterhaltung der Darmbarriere gewährleistet. Die Wirkung von Insulin in dieser Zellschicht aktiviert die Gene, die für die Bildung der Desmosomen verantwortlich sind. Ein Wiederaufbau der Desmosomen als Folge einer Verletzung der Darmbarriere kann somit bei Patienten mit Insulinresistenz schlechter erfolgen und das Risiko für Darmkrebs steigt.
Aber warum reguliert ein Signalweg, der für die Aufnahme von Zucker in die Zellen verantwortlich ist, auch die Aufrechterhaltung der Darmbarriere? „Ohne den Insulinsignalweg kann der Körper nicht leben, weil die Zellen keinen Zucker aufnehmen können, der für die Energiegewinnung notwendig ist. Die Aufrechterhaltung der Darmbarriere ist auch überlebenswichtig. Deshalb sind diese beiden Prozesse womöglich an einen der wichtigsten Signalwege geknüpft“ fasst Wunderlich zusammen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Thomas Wunderlich
Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung, Köln
Tel.: +49 (0)221 47260 678
E-Mail: thomas.wunderlich@sf.mpg.de
Originalpublikation:
AL Ostermann, CM Wunderlich, L Schneiders, MC Vogt, MA Woeste, BF Belgardt, CM Niessen, B Martiny, AC Schauss, P Frommolt, A Nikolaev, N Hövelmeyer, RC Sears, PJ Koch, D Günzel, JC Brüning, FT Wunderlich: Intestinal insulin/IGF1 signalling through FoxO1 regulates epithelial integrity and susceptibility to colon cancer. Nature Metabolism, 2019.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
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