Patientinnen und Patienten gestalten klinische Forschung mit



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21.09.2020 11:18

Patientinnen und Patienten gestalten klinische Forschung mit

Klinische Forschung zielt darauf, die Gesundheit von Patientinnen und Patienten zu verbessern. Sie untersucht, ob gesundheitliche Behandlungen, zum Beispiel Medikamente, Patientinnen und Patienten nützen. Das Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen hat jetzt Empfehlungen erarbeitet, wie Patientinnen und Patienten in diese Forschungen einbezogen werden können. Damit steht Forschenden erstmals eine deutschsprachige Handreichung zur Verfügung.

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Plötzlich gesund

Fortschreitende Naturerkenntnis, ganz allgemein gesprochen, ‘Wissenschaft’, ist der stärkste Feind des medizinischen Wunders. Was unseren Vorfahren als Wunder erschien, was einfache Naturvölker heute noch in heftige Erregung versetzt, das berührt den zivilisierten Menschen längst nicht mehr.
Doch es gibt einen Gegensatz, der jedem Denkenden sofort auffällt: der unerhörte, durchaus nicht abgeschlossene Aufstieg der wissenschaftlichen Heilkunde und die ebenso unerhörte Zunahme der Laienbehandlung und der Kurpfuscherei. Man schätzt die Zahl der Menschen, die der Schulmedizin kein Vertrauen schenken, auf immerhin 50 Prozent.
Wie kann es sein, daß Laienbehandler und Kurpfuscher immer wieder spektakuläre Erfolge aufweisen, von denen die Sensationspresse berichtet?
Der Autor geht dieser Frage nach und kommt zu interessanten Erkenntnissen, aus denen er Vorschläge für eine bessere Krankenbehandlung durch seine ärztlichen Standesgenossen ableitet.

Hier geht es weiter …

Klinische Studien sind wichtig für den medizinischen Fortschritt. Patientinnen und Patienten sind in der Regel aber nur passiv beteiligt. An ihnen wird gemessen, ob neue Diagnose- oder Therapiemethoden wirksam sind. Die Patientinnen und Patienten haben in dieser Funktion keinen Einfluss auf die Gestaltung der Studie. „Das ist jedoch problematisch, denn dadurch besteht die Gefahr, dass an den Bedürfnissen und Interessen von Patientinnen und Patienten vorbeigeforscht wird“, so Professor Gerhardus vom Institut für Public Health und Pflegeforschung. Deshalb fordern Patientinnen und Patienten und Forschende zunehmend, Patientinnen und Patienten aktiv an den Prozessen klinischer Forschung zu beteiligen. Sie bieten – unabhängig von dem Wissen der Forschenden – durch ihre eigene Erfahrung eine einzigartige Sicht auf das Forschungsthema und sind damit Expertinnen und Experten in eigener Sache.

„Richtige Fragen“ untersuchen

Die Beteiligung von Patientinnen und Patienten kann unter anderem dazu beitragen, die „richtigen“ Fragen zu untersuchen, die für den Alltag wichtig sind und deren Ergebnisse direkt in die Behandlungspraxis übertragen werden können. Professor Gerhardus betont: „Eine große Summe fließt jährlich in Forschung. Wir brauchen jedoch mehr Forschung, deren Ergebnisse gebraucht und genutzt werden. Eine Beteiligung der Patientinnen und Patienten kann uns dabei helfen“. Dabei kann die Beteiligung ganz unterschiedlich umgesetzt werden. So können Patientinnen und Patienten zum Beispiel beratend an Gruppendiskussionen teilnehmen oder über die gesamte Dauer der Studie mit den Forschenden im Studienteam zusammenarbeiten. Neben dem Finden der richtigen Forschungsfrage hilft die Beteiligung auch, Informationsmaterialien und Ergebnisse so zu gestalten, dass sie für die Betroffenen gut verständlich sind und sie bei Entscheidungen, zum Beispiel zwischen zwei Behandlungen, unterstützen.

Beteiligung in Deutschland

Während die Beteiligung von Patientinnen und Patienten in anderen Ländern wie Großbritannien oder den USA bereits seit längerem etabliert ist, ist das Thema in Deutschland vergleichsweise neu. Seit einigen Jahren haben aber auch in Deutschland große Forschungsförderer (BMBF und DFG) die Beteiligung zum Kriterium für die Förderung klinischer Studien gemacht. Das bedeutet, dass Forschende bei der Beantragung zur Förderung einer neuen klinischen Studie nun darlegen müssen, in welcher Form Patientinnen und Patienten die Studie mitgestalten. Bislang fehlt es jedoch an einer Orientierung für Forschende und Begutachtende dazu, was eine Beteiligung ausmacht und wie sie gelingen kann.

Handreichung veröffentlicht

Als Ergebnis eines BMBF-geförderten Projektes hat das Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum für Klinische Studien Bremen nun die erste deutschsprachige Handreichung dazu entwickelt. Die Handreichung zeigt entlang praktischer Beispiele auf, wie eine Beteiligung geplant und umgesetzt werden kann. „Die Handreichung füllt eine Lücke“ betont Dr. Imke Schilling, die an der Entwicklung der Handreichung beteiligt war. Die Gesundheitswissenschaftlerin hat zum Thema promoviert und weiß aus Gesprächen mit klinischen Forschenden, dass die meisten von ihnen bislang keine Erfahrungen mit der Beteiligung von Patientinnen und Patienten haben und sich eine Unterstützung wünschen. „Noch gibt es viele Unsicherheiten, denn die Beteiligung von Patientinnen und Patienten ist etwas ganz Neues“. Eine Orientierung liegt nun vor.


Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Imke Schilling
Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP)
Universität Bremen
Tel.: +49 421 218-68805
E-Mail: Imke.schilling@uni-bremen.de


Originalpublikation:

https://www.ipp.uni-bremen.de/patient-innenbeteiligung


Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch


Quelle: IDW